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© ananaline/iStock

Smarter Medicine: Weniger ist mehr

Die Schweiz geht voran. Dort hat die größte medizinische Fachgesellschaft (Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin, SGIM) jetzt ganz im Sinne der Patienten und Patientinnen die Initiative ergriffen: Sie empfiehlt Ärzten, bestimmte Untersuchungen und Behandlungen zu unterlassen. Und zwar deshalb, weil „sie keinen messbaren Nutzen für den Patienten darstellen und deren Risiko den potenziellen Nutzen möglicherweise übersteigt.“1 Solch maßvolles Handeln versteht man in Europa unter dem Begriff „Smarter Medicine“ und in den USA unter „Choosing Wisely“. Beides ist eine Abwendung von dem verbreiteten und profitablen „Viel hilft viel“, das auch als Übertherapie und Überdiagnose kritisiert wurde.

Im Mai 2014 hat die SGIM ihre erste Top 5-Liste veröffentlicht, der zufolge fünf Verfahren in der Regel nicht ratsam sind.2 Über vier davon hat GPSP übrigens bereits kritisch berichtet:

  1. Auf bildgebende diagnostische Verfahren wie Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) bei unspezifischen Rückenschmerzen kann in den ersten sechs Wochen der Beschwerden verzichtet werden (GPSP 1/2009, S. 8).
  2. Prostatakrebs: PSA-Tests bei Männern über 75 Jahre sind nutzlos. Bei Männern zwischen 50 und 74 Jahren sollten sie nur nach ausführlichem ärztlichem Gespräch erfolgen, da der Test vielfach falsch positive Ergebnisse liefert (GPSP 3/2009, S. 5).
  3. Verordnung von Antibiotika bei Infektionen der oberen Atemwege, wie Erkältungen, sind meist nicht gerechtfertigt (GPSP 1/2005, S. 4).
  4. Röntgenaufnahmen des Brustkorbs vor allen möglichen Operationen dürfen keine Routine sein.
  5. Protonenpumpenhemmer, die gegen saures Aufstoßen (Sodbrennen) und oft auch vorbeugend verordnet werden, sollen nicht unnötig (lange) verschrieben werden (GPSP 6/2008, S. 3).

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2014 / S.14