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©Stephen Coburn/Fotolia

Wolf im Schafspelz

Pharmakonzern gründet Patientenorganisation

Eine europaweite Organisation will sich für gerechten Zugang zu Krebsmedikamenten einsetzen. Es bestehen jedoch Zweifel, ob das Projekt wirklich vorrangig den Patienten dienen soll. „Cancer United“ wird komplett vom Pharmakonzern Roche finanziert.

Cancer United hat einen eingängigen Slogan gewählt: „Jeder Krebspatient verdient die bestmögliche Behandlung.“1 Die Kampagne wird von der Werbeagentur Weber Shandwick geleitet. Diese Werbeagentur arbeitet im Auftrag des Schweizer Pharmakonzerns Roche, der wiederum Krebsmedikamente wie Trastuzumab (Herceptin®) gegen Brustkrebs und Erlotinib (Tarceva®) gegen Bronchialkarzinom herstellt.

Die Kampagne von Cancer United beruft sich auf Ergebnisse einer schwedischen Studie, der zufolge in Europa zu viele Menschen an Krebs sterben, angeblich weil ihnen aus Kostengründen Medikamente vorenthalten werden.2 Diese Behauptung wird aber von vielen Krebsexperten in Frage gestellt.3 Auch die kontinuierlich steigenden Ausgaben für Krebsmedikamente4 stehen der Sparhypothese entgegen.

Trotz der Möglichkeiten des großen Konzerns läuft die Werbeaktion nicht so gut an wie geplant. Verschiedene Abgeordnete des Europäischen Parlaments haben Anfragen zur Mitarbeit abgelehnt. Sie bezweifeln, ob es wirklich um die Interessen der Patienten geht.5 Warum steht ein führender Manager des Pharmakonzerns einer Allianz vor, die sich für Krebsmedikamente einsetzt?, wollen sie wissen. Cancer United gehört auch ein Krebsmediziner aus dem schottischen Edinburgh an. Er tut es als „lächerlich“ ab, der Kampagne Werbeabsichten zu unterstellen.6 Eine Journalistin der Zeitung The Guardian hat jedoch herausgefunden, dass dieser Professor selbst Gelder von Roche bezieht.

Sponsoring von Patienten- und Selbsthilfegruppen ist in der Regel fest im Werbebudget von Pharmaunternehmen eingeplant. Dass ausgerechnet ein Unternehmen eine „Selbsthilfegruppe“ gründet, lässt nach den wirklichen Beweggründen fragen.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2006 / S.12