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spielen am strand

Impfstoff gegen Durchfall verunreinigt

Behörden geben unterschiedliche Empfehlungen

Der Schluckimpfstoff Rotarix® soll Säuglinge vor Durchfällen durch Rotaviren schützen. Jetzt haben amerikanische Forscher darin mit einer neuen hoch empfindlichen Messmethode eine Verunreinigung entdeckt. Über die Konsequenzen sind sich die Behörden international nicht einig.

Die rundlichen Rotaviren (Rota = Rad) sind die häufigste Ursache für Magen-Darm-Erkrankungen kleiner Kinder. Eine Impfung soll Säuglinge vor Durchfallerkrankungen schützen. Der Rotarix®-Impfstoff enthält abgeschwächte Rotaviren, die auf Nierenzellen von grünen Meerkatzen gezüchtet werden.

Die Bestandteile eines speziellen Virus vom Schwein, die Forscher in dem Produkt jetzt entdeckten, gehören dort nicht hinein. Es wurde nachgewiesen, dass diese Verunreinigung schon von Anfang an, also in allen Produktionschargen von Rotarix®, enthalten war. Dies ist schon fast eine gute Nachricht, denn aus der klinischen Erprobung und der Zeit danach gibt es bei den Impflingen keine Hinweise auf gesundheitliche Probleme, die sich rückblickend mit der Verunreinigung in Verbindung bringen lassen.

Der Impf­stoff­hersteller GlaxoSmithKline und die Behörden betonen zudem, dass die Verunreinigung von einem Virus stammt, das oft bei Schweinen vorkommt.1,2,3,4 Es gebe jedoch keine Hin­weise auf Infektion oder Vermehrung des Virus im Körper des Menschen.

Rotateq®, das Konkurrenzprodukt der Firma Sanofi Pasteur MSD, enthält nach vorläufigen Ergebnissen keine Spuren dieser Verunreinigung. Da könnte man doch getrost auf das verunreinigte Produkt verzichten, sollte man meinen …

Die europäische Zulassungsbehörde EMA und das deutsche Paul-Ehrlich-Institut (PEI) kommen zu einer anderen Schlussfolgerung. Dort hält man es nicht für notwendig, die Anwendung von Rotarix® ein­zu­schränken.1,2 Allerdings will das PEI nun in eigenen Tests prüfen, ob „auch intakte Viruspartikel und in der Gewebekultur vermehrungsfähige Viren nachgewiesen werden können“. Damit folgen die Behörden der Strategie – erst entwarnen und dann prüfen. Das Restrisiko der Verunreinigungen, das in diesem Fall wahrscheinlich gering ist, belassen die Behörden damit beim geimpften Säugling und seinen Eltern, und entlasten den Hersteller.5

Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA empfiehlt hingegen Ärzten, solange auf die Verwendung des Impfstoffes Rotarix® zu verzichten, bis die Behörde weitere Daten hat.3 Ähnlich entscheiden auch das schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic und die Behörden Hongkongs.5 Das sind Empfehlungen, die dem Prinzip des vorbeugenden Verbraucherschutzes entsprechen. Bei der europäischen und den deutschen Behörden vermissen wir leider allzu oft diese Grundeinstellung.

Die Impfung kostet rund 135 € pro Impfzyklus, und es hat einen faden Beigeschmack, wenn GSK gerade jetzt den Preis von Rotarix® um 25% gesenkt hat. Der Anbieter des „sauberen“ Konkurrenzproduktes hat sechs Wochen später nachgezogen.
In Deutschland verlaufen Durchfallerkrankungen nur ausnahmsweise schwer. Daher ist die Impfung hierzulande in der Regel nicht angebracht und wurde bislang nicht in die allgemeinen Impfempfehlungen für Säuglinge aufgenommen.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 03/2010 / S.17