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© ananaline/iStock

Zulassung: Schnell heißt nicht gut

Kommen Arzneimittel mit einem beschleunigten Zulassungsverfahren (zum Beispiel in den USA als „accelerated approval“) auf den Markt, fehlen zu diesem Zeitpunkt häufig noch Daten, ob das Mittel Patient:innen wirklich spürbar nützt. Studien zu Krebsmedikamenten untersuchen oft das „progressionsfreie Überleben“, also die Frage, ob das Mittel das Wachstum des Tumors bremst. Das lässt sich oft relativ schnell beantworten.

Aber leben Patient:innen dann auch länger und besser? Das ist nicht klar. Deshalb müssen die Anbieter nach der Zulassung bessere Daten nachliefern. Aber was passiert, wenn die verlässlicheren Zahlen eine Senkung der Sterblichkeit nicht belegen können?

Manche der Krebsmedikamente bleiben dann trotzdem zugelassen – Ärzte und Ärztinnen verwenden sie weiter. Das legt eine Analyse von US-amerikanischen Daten nahe, bei der die Autoren sowohl Unterlagen der Zulassungsbehörde FDA als auch Empfehlungen von Behandlungsleitlinien bis Mitte 2021 ausgewertet haben.1 Bei zehn Wirkstoffen, die in 18 Anwendungsgebieten zugelassen waren, gab es später negative Studienergebnisse. In zwei Drittel der Fälle endete die Zulassung – entweder auf Initiative der Anbieter oder Betreiben der FDA. Allerdings vergingen in der Zwischenzeit oft mehrere Jahre. Bei sechs anderen Anwendungsgebieten blieb die Zulassung bestehen.

Noch bedenklicher: In rund der Hälfte der Anwendungsgebiete hat sich nach Bekanntwerden der negativen Studienergebnisse die Empfehlung in den Leitlinien nicht verändert – obwohl den Verfasser:innen die Studien und die geänderte Zulassung bekannt waren und die Leitlinie zwischenzeitlich überarbeitet wurde. Das bestätigt die Befürchtung: Wenn unzureichend untersuchte Arzneimittel einmal auf dem Markt sind, werden sie eingesetzt und neue Erkenntnisse setzen sich nicht oder nur sehr langsam durch – zum Nachteil von Patient:innen.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2022 / S.14