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© Jörg Schaaber

Wenn der Berg krank macht

Höhenkrankheit erkennen und vorbeugen

Höhenkrankheit – die zwingt höchstens Extremsportlerinnen und -sportler in die Knie, die im Himalaya unterwegs sind? Irrtum: Schon beim Skifahren in den Alpen können sich die unangenehmen Beschwerden einstellen. Was tun, wenn es einen erwischt?

Die Höhenkrankheit kann ab 2.500 Metern über dem Meeresspiegel auftreten. Sie kann alle treffen, die noch nicht an diese Höhe gewöhnt sind – also zum Beispiel Skiurlauber oder Geschäftsreisende, die an einen hochgelegenen Ort fliegen.

Verursacht wird die Höhenkrankheit dadurch, dass der Luftdruck sinkt, je weiter man nach oben kommt. Dadurch gelangt beim Atmen weniger Sauerstoff ins Blut und in die Zellen. Als Gegenreaktion verengen sich paradoxerweise die Blutgefäße in der Lunge sowie im Gehirn und verstärken den Sauerstoffmangel noch. Unser Körper versucht dies auszugleichen, indem er Atemfrequenz, Blutdruck und Puls ankurbelt.1

Typische Anzeichen sind Kopfschmerzen, Schwindel, Benom­menheit und allgemeine Schwäche. Auch Übelkeit und Erbrechen sind möglich. Es kann zu Schlafstörungen und Appetitlosigkeit kommen. Achtung: Diese Beschwerden müssen nicht sofort auf der kritischen Höhe auftreten, sondern machen sich eventuell erst sechs bis zwölf Stunden später bemerkbar. Sie können unterschiedlich stark sein und sich innerhalb von ein, zwei Tagen bessern, wenn man auf der erreichten Höhe bleibt – das ist aber keineswegs immer der Fall.2

Betroffene sollten die Beschwerden nicht bagatellisieren, sondern sich immer darüber im Klaren sein, dass die Erkrankung, die durch die Höhe verursacht  ist, weiterbestehen oder sich verschlechtern kann, wenn die Höhe nicht verlassen wird.

Beschwerden sind häufig

Ein Viertel der Menschen, die auf eine Höhe über 3.500 Meter reisen, haben Symptome der akuten Höhenkrankheit. Bei über 6.000 Metern sind es weit über die Hälfte. Körperlich gut Trainierte sind davon genauso betroffen wie Ungeübte, Frauen ebenso wie Männer, und auch das Alter spielt keine Rolle.2,3

Was tun?

Wenn sich Anzeichen der Höhenkrankheit zeigen, ist es zunächst ratsam, auf der erreichten Höhe zu bleiben, um sich zu akklimatisieren. Dann kann man abwarten, ob die Beschwerden in den nächsten ein bis zwei Tagen verschwinden. Mit Beschwerden sollte man auf keinen Fall weiter aufsteigen! Wichtig ist außerdem, sich auszuruhen, genug zu schlafen und zu trinken. Gegen Kopfschmerzen können handelsübliche Schmerzmittel genommen werden.2 Wenn all dies nicht hilft, ist die sicherste und beste Behandlung, sich wieder in tiefere Lagen zu begeben, zumindest dorthin, wo noch keine Probleme bestanden.

Sind die Beschwerden stark und ist ein Abstieg (noch) nicht machbar, sollte – wenn möglich – ärztlicher Rat oder der eines erfahrenen Bergführers eingeholt werden. Außerdem ist eine zusätzliche Behandlung mit Sauerstoff zu erwägen. Es fehlen jedoch bisher aussagekräftige Studien dazu, wie hilfreich diese Sauerstoffzufuhr tatsächlich ist.4

Außerdem gibt es Medikamente zur Behandlung der Höhenkrankheit. Hier zeigen Studien, dass Mittel mit dem Wirkstoff Dexamethason oder Acetazolamid bei einem Teil der Betroffenen die Symptome lindern können.4 Acetazolamid hat allerdings nicht unerhebliche Nebenwirkungen, die kurzzeitige Einnahme von Dexamethason ist dagegen eher unproblematisch.3

Vorbeugung ist möglich

Die Höhenkrankheit lässt sich am besten durch einen langsamen Aufstieg vermeiden, der nicht an die Grenze der körperlichen Leistungsfähigkeit geht. Eine Faustregel besagt, dass man ab 3.000 Meter täglich nicht mehr als 300 bis 500 Meter aufsteigen sollte.5 Dies betrifft besonders die Höhe, auf der man übernachtet – den „Schlafhöhengewinn“. Auch wenn dies schwerfällt, etwa weil für den Wander- oder Skiurlaub nur wenige Tage eingeplant sind, lassen sich so ernstere Probleme vermeiden. Viel zu trinken, aber auf Alkohol zu verzichten, wird ebenfalls empfohlen.2
Für Medikamente mit Acetazolamid zeigen Studien, dass sie bei jedem Siebten der Höhenkrankheit vorbeugen können, wenn das Mittel drei bis fünf Tage vor einer Bergtour eingenommen wird.3 Der Wirkstoff kann jedoch Nebenwirkungen wie Missempfindungen auf der Haut (Parästhesien) hervorrufen und ist als Prophylaxe für die Höhenkrankheit nicht zugelassen. Der Nutzen von Medikamenten mit Ibuprofen, Budenosid und Dexamethason ist unklar, da verlässliche Studien dazu bisher fehlen.1,6

Bei Vorerkrankungen an Herz und/oder Lunge oder wenn Sie wissen, dass Sie anfällig für eine Höhenkrankheit sind, sollten Sie sich rechtzeitig vor der geplanten Reise ärztlich beraten lassen.5

Wenn es gefährlich wird

Bei Höhenkrankheit kann ein lebensbedrohliches Hirnödem entstehen, wenn aus den Blutgefäßen Flüssigkeit ins Gehirn übertritt.

Dies führt zu einem Druckanstieg im Schädel. Das passiert bei weniger als einem von hundert von der „normalen“ Höhenkrankheit Betroffenen.2 Dadurch kommt es zum sogenannten Höhenrausch oder Höhenkoller: Die erkrankte Person hat Bewegungsstörungen, schwerste Kopfschmerzen, ihr ist übel und schwindlig, Halluzinationen sind möglich. Bei einem Hirnödem ist ein sofortiger – begleiteter! – Abstieg nötig, und es muss rasch ärztlich behandelt werden, sonst kann es zum Tod führen.1

Auch ein Lungenödem, das ebenfalls sehr gefährlich sein kann, entsteht manchmal. Husten, Rasselgeräusche beim Atmen, starke Atemnot und eine allgemeine Schwäche sind typische Anzeichen.1 Auch beim Lungenödem sind ein möglichst sofortiger Abstieg und eine ärztliche Behandlung lebensrettend.

Fazit

Für alle, die hoch hinaus wollen, ist es wichtig, über die Symptome einer Höhenkrankheit Bescheid zu wissen, um im Notfall richtig zu handeln. Wer sich vorab informiert und langsam akklimatisiert, hat die besten Voraussetzungen, um eine Reise in größere Höhen unbeschwert genießen zu können.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 03/2019 / S.22