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© Kwangmoozaa/iStock

Pharmalobbyistin scheitert in Österreich auf letztem Meter

Die österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit (AGES) hatte im Januar 2022 die Leitung der Medizinmarktaufsicht, die für die Zulassung von Medikamenten und Impfstoffen zuständig ist, neu besetzt. Und zwar ausgerechnet mit einer Pharmalobbyistin. Jetzt zog der Gesundheitsminister doch noch die Notbremse.

Helga Tieben, langjährige Mitarbeiterin beim Verband der pharmazeutischen Industrie (PHARMIG) – und dort für den Bereich Zulassung und Innovation zuständig, sollte Österreichs oberste Arzneimittelkontrolleurin werden. Dagegen hagelte es Proteste. Attac hatte auf ein Video-Interview mit der Lobbyistin aufmerksam gemacht. Dort hatte Tieben die Arzneimittelzulassung als „enorm reguliert“ bezeichnet und beklagt, dass „das strenge Korsett der Regularien oftmals nicht zusammenpasst mit diesen innovativen neuen Technologien“. Ihr Ziel sei es, dass es „keine Hürden“ gebe, „damit diese Produkte zum Markt kommen“. Der damalige Gesundheitsminister sah in der Stellenbesetzung kein Problem.

Der neue österreichische Minister Johannes Rauch leitete eine Untersuchung ein und stoppte am 2. April das Besetzungsverfahren. Die Stelle muss erneut ausgeschrieben werden. Warum Tieben ausgewählt wurde, bleibt rätselhaft. Sie hat im Gegensatz zu den anderen Bewerber:innen nicht den in der Ausschreibung verlangten naturwissenschaftlichen Hintergrund. Wegen Interessenkonflikten hätte sie ihre Funktionen auf europäischer Ebene bestenfalls eingeschränkt ausüben können. Das Ministerium saß mit am Tisch, als die Entscheidung für sie getroffen wurde. Tieben hat bereits ihren Arbeitsvertrag mit der AGES unterzeichnet. Ihr steht jetzt wohl eine Entschädigung zu.1

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 03/2022 / S.03