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Gar nicht lustig

„Lustige“ Orthomol® Tabletten zum Schulanfang

Mit Angstszenarien versucht die Firma Orthomol Eltern dazu zu bringen, ihren Kindern ein zweifelhaftes Nahrungsergänzungsmittel zu einzutrichtern.

OrthomolEin Apotheker schickt uns das abgebildete Faltblatt „Immun-Power für Kids!“ mit dem Kommentar: „Ich finde das unverantwortlich“. Im Werbeschreiben entwirft die Firma Orthomol GmbH ein Schreckensszenario aus Schulstress und Krankheitserregern: „Gerade Kindergarten- und Schulkinder sind oft von wiederkehrenden Infekten (z.B. Erkältungen, Mittelohrentzündungen) betroffen. Sobald sie nach überstandener Erkrankung zurück in den Kindergarten oder die Schule gehen, ist das noch schwache Immunsystem erneut dem Angriff vieler Erreger ausgesetzt. Schnell kann der nächste Infekt auftreten…“.

Als Ausweg empfiehlt die Firma die „gezielte nutritive Unterstützung des kindlichen Immunsystems“ mit Orthomol Immun junior®.1 Mit „nutritiv“ ist gemeint, dass etwas mit der Nahrung zugeführt wird. Die „kindgerechten Kautabletten in lustiger Autoform“ seien „speziell auf das kindliche Immunsystem abgestimmt“.

Produkte der so genannten orthomolaren Medizin gehören zu den  Nahrungsergänzungsmitteln oder diätetischen Lebensmitteln. Anders als Arzneimittel, die zugelassen werden, sind sie nicht behördlich auf Wirksamkeit geprüft (vgl. GPSP Nr. 2/2006, S. 9). Das empfohlene Orthomol-Präparat enthält einen bunten Mix aus Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen sowie Pflanzenbestandteilen. Wie diese Mischung auf den speziellen Bedarf von Kindern abgestimmt sein soll, mag Geheimnis der Firma sein. Klinische Studien, die die Werbeversprechen belegen könnten, gibt es jedenfalls nicht. Ein Ernährungswissenschaftler kommentiert derartige
Produkte in einer medizinischen Fachzeitschrift so:2 orthomol„Die Wirksamkeit aller unter dem Begriff ,
orthomolar‘ verordneten Mittel ist nicht wissenschaftlich erwiesen. Die Möglichkeit von schädlichen Wirkungen […] ist nicht ausgeschlossen. […] Es handelt sich meines Erachtens um ein Verfahren, mit dem sich die Hersteller und Verschreiber bereichern (einige dieser Firmen bieten gleich eine prozentuale Beteiligung der Verschreiber an den Rechnungsbeträgen an).“

„Obwohl speziell Präparate für Kinder angeboten werden (z.B. Orthomol Immun junior®), sollten Kinderärzte den Eltern von der Anwendung abraten. Eine ausgewogene Ernährung ersetzt alle Nahrungsergänzungsmittel und ist deutlich preiswerter“ – und – so ergänzen wir – auch wohlschmeckender.

Angesichts der leeren Versprechungen des Anbieters sind 40 Euro für 30 Tabletten Orthomol Immun junior® rausgeschmissenes Geld. Wir halten es – wie der eingangs erwähnte Apotheker – für unverantwortlich, bereits Kinder ab 4 Jahren an den Gebrauch von Tabletten zu gewöhnen. Daran ändert deren angeblich lustige Form auch nichts. Sie ist vor allem verführerisch.

 

 

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2007 / S.13