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Zwei-K(l)assen-Medizin?

Chaos bei Erstattung von Insulinpräparaten

Für teure Kunstinsuline (Insulinanaloga) dürfen in der Regel keine Kassenrezepte ausgestellt werden. Diese Mittel gegen Diabetes (Zuckerkrankheit) gelten als unwirtschaftlich, weil sie nicht besser wirken als die üblichen, günstigeren Insuline.

Bestimmte Krankenkassen zahlen diese Medikamente jetzt dennoch. Je nach Versicherung kann der Arzt ein Kassenrezept ausstellen – oder eben nicht. Dies schafft Unsicherheiten und macht den Ver­sicherungsschutz un­übe­rsicht­lich.

Für Verwirrung bei Ärzten und Patienten sorgt eine Regelung im neuen Arzneiverordnungswirt- schaftlichkeitsgesetz (AVWG), die jetzt erstmals zum Tragen kommt: Einzelne Krankenkassen können mit Herstellern für sich Rabatte aushandeln und dann Medikamente erstatten, die eigentlich nicht erstattet werden.

Mehrere Kassen haben nun solche Verträge für Insulinanaloga abgeschlossen, so dass Versicherte diese Medikamente doch auf Kassenrezept erhalten können. Die Ärzteschaft wurde über diese Vereinbarungen bislang nicht systematisch informiert, deshalb herrscht große Verunsicherung in den Praxen.

Die Idee des Gesetzgebers war es, auf diese Weise Preissenkungen bei Medikamenten zu erreichen und den Wettbewerb unter den Krankenkassen anzuregen. Aber die neue gesetzliche Regelung hat unerwünschte Nebeneffekte: Muss ich als Versicherter künftig damit rechnen, bestimmte Medikamente nicht mehr auf Rezept zu erhalten, weil ich bei der „falschen“ Kasse bin? Welche Bedeutung hat die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) über den Ausschluss von teuren Arzneimitteln ohne Zusatznutzen noch? (siehe auch Artikel zu Schein-Innovationen)

Zwar sind die jetzt betroffenen Insulinanaloga in der Regel entbehrlich1 und Langzeitrisiken noch nicht überschaubar (siehe GPSP 2/06), aber wenn künftig wichtige unentbehrliche Medikamente nur noch von einzelnen Kassen erstattet würden, wäre das sehr problematisch.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2006 / S.10