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Hustenmittel für Kinder

Ärzte dürfen Kindern unter zwölf Jahren Hustenstiller mit Kodein nicht mehr verordnen. Denn der Abkömmling des Morphins kann ihre Atmung behindern und sogar zum Tod führen. Das arznei-telegramm® hat überprüft, wie gut der Nutzen anderer Empfehlungen für hustende Kinder untersucht ist – mit ernüchterndem Ergebnis.1

Neuerdings sollen auch ältere Kinder und Jugendliche Kodein nicht mehr einnehmen, wenn beispielsweise durch eine vorbestehende Erkrankung der Atemwege bereits die Atmung beeinträchtigt ist.2 Anlässlich der neuen Anwendungsbeschränkungen für Kodein betont nun die europäische Arzneimittelbehörde (EMA), dass es bei akutem Husten reiche, genügend zu trinken und die Atemluft zu befeuchten.3 Belege für einen Nutzen dieser medikamentenfreien Maßnahmen lassen sich allerdings nicht finden.1

Ein akuter Husten – der laut Definition bis zu drei Wochen anhält – beruht meist auf Viren, die sich in den oberen Atemwegen festsetzen. Er klingt in der Regel von selbst ab. Dauert ein Husten länger als vier Wochen an, sollte ein Kinderarzt eingeschaltet werden.

Ein Blick über die Landesgrenze offenbart, dass auch andere Staaten rezeptfreie Arzneimittel ablehnen, wenn es darum geht, Husten bei Kindern unter sechs Jahren oder auch im Schulalter zu behandeln. Zu den Präparaten zählen je nach Land übrigens auch Kodein und Kodeinabkömmlinge. Die Ablehnung geht zum Beispiel aus den Leitlinien, also offiziellen Behandlungsanleitungen in Großbritannien, den Niederlanden, Kanada und den USA hervor. Nichts anderes sagen übrigens die Arzneimittelbehörden Großbritanniens und Australiens. Wird die Ablehnung nicht explizit formuliert, weisen die Institutionen darauf hin, dass die Präparate nicht besser als ein Scheinmedikament wirken, jedoch potenziell gefährlich sind.1

 

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Husten bei Kindern: Was tun?

Übliche Hustenmittel, die als Alternative zu Kodein im Angebot sind, sollen entweder den Husten stillen oder das Abhusten von Schleim erleichtern (GPSP 6/2007, S. 3). Aber Studien, die einen Nutzen bei Kindern hinreichend belegen, haben sich bei den Recherchen des arznei-telegramm® nicht gefunden. Das gilt sowohl für chemische Wirkstoffe als auch für pflanzliche Präparate.

Für Honig gibt es Hinweise, dass er nächtliches Husten besser lindert als Placebo (Dattelsirup). In einer Studie haben die Kinder den Honig eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen zu sich genommen. Honig ist allerdings kein einheitliches Produkt. Es ist ein Lebensmittel und nicht generell unbedenklich: Manchmal kommen im Honig Bakterien vor. Sie können für Säuglinge gefährlich sein (Säuglingsbotulismus). Im ersten Lebensjahr sollte Honig tabu sein.

Andere beliebte Mittel, um lästigen Hustenreiz zu lindern, sind Einreibungen. Salben mit Kampfer-, Menthol- und Eukalyptusöl (Wick Vaporub® u.a.) werden auf der Brust oder im Nacken verrieben. Zwar verbreiten solche Mittel jenen typischen etwas scharfen Duft, der von solchen Erkältungsmitteln geradezu erwartet wird, aber: Sie beeinflussen das Husten nicht wirklich besser als Placebo (Vaseline), sind jedoch deutlich schlechter verträglich. Sehr häufig brennen Haut, Nase und Augen. Kinder unter zwei Jahren dürfen nicht mit derartigen Salben eingerieben werden (GPSP 1/2009, S. 4). Es besteht die Gefahr, dass sich ihre Stimmritzen verkrampfen (Laryngospasmus).4

Dass Eltern ein hustendes und möglicherweise sehr quengeliges Kind mit Hustensaft oder Hustentropfen behandeln wollen, auch damit sie selbst nachts besser schlafen, ist verständlich. Die verfügbaren Hustenmittel sind allerdings von zweifelhaftem Wert: Aussagekräftige Studien, die einen Nutzen für Kinder belegen, fehlen. Da mag es ein schwacher Trost sein, dass Infektionen der Atemwege meist auf das Konto von Viren gehen und der Husten ohnehin in der Regel von selbst abklingt. Logisch ist zumindest, dass trockene Luft die Atemwege eher reizt als feuchte. Luftbefeuchtung und ausreichendes Trinken könnten daher etwas Linderung verschaffen und das Wohlbefinden fördern. Risiken sind damit nicht verbunden.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2016 / S.10