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©Dwight Davis/fotolia

Stressbewältigung zur Verhütung von Herzinfarkten?

Stress macht krank – so sagt die Volksweisheit. Wissenschaftler haben nun untersucht, ob durch gezieltes Stressmanagement oder Bewegungstraining das Risiko für einen Herzinfarkt gesenkt werden kann. Die Anzeichen sind ermutigend, weitere Studien wünschenswert.

Man definiert Stress als das unangenehm gefühlte Missverhältnis zwischen Wünschen und Wirklichkeit – sei es im Beruf, in der Familie oder in finanziellen Angelegenheiten. Stress und die oft begleitende Unzufriedenheit lässt sich experimentell messen. So hat man festgestellt, dass in verschiedenen Ländern der Welt unterschiedlich häufig Stress empfunden wird. Aber eines ist gleich: Überall haben Menschen mit mehr Stress häufiger Herzinfarkte als solche mit weniger Stress. Ist das Zufall, oder ist Stress wirklich eine Ursache für Herzprobleme? Das kann nur entschieden werden, wenn dafür Belege vorliegen, dass die Verminderung von Stress – also eine verbesserte Stresskontrolle – sich tatsächlich nicht nur günstig auf das allgemeine Wohlbefinden, sondern speziell auch günstig aufs Herz auswirkt.

Dies wurde jetzt in einer 16-wöchigen Studie bei 134 Personen untersucht. Die Patienten waren besonders gefährdet für Herzinfarkte, da sie unter Durchblutungsstörung des Herzmuskels litten. Das Ergebnis: Ihre psychische Befindlichkeit besserte sich sowohl durch ein halbstündiges Bewegungstraining (dreimal pro Woche) als auch durch ein Stressmanagement-Programm (anderthalb Stunden pro Woche) deutlich gegenüber den Patienten, die nur die üblichen Herzmedikamente einnahmen. Auch dem Psychostress waren die beiden ersten Gruppen psychisch und körperlich tendenziell besser gewachsen.

Die Studie kann aber nicht direkt nachweisen, dass Stressmanagement die Wahrscheinlichkeit verringert, einen Herzinfarkt zu erleiden. Dazu war ihre Dauer zu kurz, und es sind zu wenige Patienten untersucht worden. Für umfangreichere Studien wird sich in nächster Zeit vermutlich kein Geldgeber finden. Weil weder Medikamente noch Apparate getestet werden, ist das kommerzielle Interesse an solchen Untersuchungen gering – obwohl sie wichtige Erkenntnisse liefern könnten. Immerhin zeigt die kleine Studie, dass Stressmanagement eine ganze Reihe von Faktoren günstig beeinflusst, die direkt etwas mit der Sterblichkeit an Durchblutungsstörungen des Herzens zu tun haben.

Auch Patienten, die nur körperlich trainierten, fühlten sich psychisch wohler und belastungsfähiger. Das entspricht der allgemeinen Erfahrung. Ein Manko der Untersuchung ist, dass keine Gruppe sich gleichzeitig in Stressmanagement und Bewegungstraining übte. Die langfristigen Wirkungen dieser Kombination müssten untersucht werden, zumal sie mancherorts bereits heute als feste Säule der Vorbeugung und Nachsorge gilt.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2006 / S.12