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Behördengezwitscher

Das ist doch mal eine supergute Nachricht in Sachen Gesundheitsinformation: Unser aller Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, also das BfArM, „ist ab heute mit eigenem Kanal bei Twitter aktiv“. So frohlockte die maßgebliche deutsche Arzneimittelbehörde am 10. Januar 2017 per Pressemitteilung.1

Bürger, Patienten und Fachkreise bekämen Infos jetzt via Twitter unter @bfarm_de gezwitschert. „Denn unsere Zielgruppen erwarten von uns zu Recht, dass wir sie schnell und umfassend informieren“, ließ sich der Präsident des BfArM zitieren.

Das gelang nämlich bisher nicht immer, was sicher nur an deutscher Gründlichkeit liegt. Darum müssen sich etwa Journalisten bei Anfragen manchmal ein paar Tage länger gedulden oder gar Wochen auf eine Antwort warten. Was der Aktualität nicht gut tut. Aber nun gibt es ja diese topmoderne Möglichkeit.

Diese Chance, „auf Twitter mit dem Institut in Dialog zu treten“, nahm eine GPSP-Kollegin ernst und hat gleich mal bei einem Tweet in Sachen „personalisierte Medizin“ 2 nach Belegen aus Studien gefragt. Denn wenn eine Therapie-Innovation in die Welt gezwitschert wird, sollte vielleicht das Hohe Lied des Nutzens nicht nur gesungen, sondern auch belegt werden.

Aber @bfarm_de bewies deutsche Gründlichkeit: „Bitte senden Sie uns Ihre Anfrage mit kurzer Erläuterung wie immer an die Pressestelle.“ 3 Mit anderen Worten, das Dialogangebot geht an der Zielgruppe Journalisten vorbei. Ab damit ins Wartezimmer!

Fragt sich noch, was Bürger und Patienten mit besagtem Tweet anfangen, der ein englischsprachiges Filmchen via youtube präsentiert, in dem gleich am Anfang eine ältere Dame samt ein paar Pillenschachteln zu Boden sinkt, nachdem sie dreimal kurz aufgestöhnt hat. Soweit, so klar. Und danach?

Wer des Englischen ausreichend mächtig ist, der erfährt im Folgenden, dass die Gene der Dame übel mitgespielt haben. Sie seien schuld daran, dass sie manche Arzneistoffe zu langsam verstoffwechsele. Aber es gäbe Abhilfe … (Eben für diese Aussage fehlen aber die Belege).

Wer des Englischen nicht ausreichend mächtig ist, sieht außer der sympathischen weißhaarigen Dame nur Klischees: eine anteilnehmend schauende Ärztin, einen korrekt frisierten Apotheker, beide im weißen Kittel, Wissenschaftler vor Journalen beziehungsweise Reagenzgläschen, bunte Grafiken. Dazu gratis aufdringliche Musikuntermalung. Genau das brauchen wir doch.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2017 / S.18