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© J. Schaaber

Darmkrebs früh erkennen

Auf der Suche nach der besten Methode

In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 70.000 Menschen an Dickdarmkrebs
(Kolonkarzinom), mehr als die Hälfte davon jenseits des70. Lebensjahres. Unter 50-jährige sind nur selten betroffen.1 Eine Behandlung ist oft erfolgreich, besonders wenn Krebs schon im Vor- oder Frühstadium entdeckt wird. Was leistet die Früherkennung, und welche Methode ist zu empfehlen?

Viele Faktoren beeinflussen, ob man an Darmkrebs erkrankt oder nicht: die familiäre Vorgeschichte, auch Lebensgewohnheiten und Krankheiten. Eine Früherkennungsuntersuchung kann eine gewisse Sicherheit geben, aber sie erzeugt auch Unsicherheiten und Risiken (siehe auch Interview in GPSP 5/2009, S. 10). Denn die Tests verursachen nicht selten falschen Alarm, und manche Untersuchungsmethoden können sogar Schäden verursachen. Außerdem muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Tests nicht jeden Krebs aufspüren.

Stuhltest oder Darmspiegelung?

Bei der Stuhluntersuchung sucht man nach kleinsten Blutbeimengungen, die mit dem bloßen Auge nicht sichtbar sind. Blutspuren in der Stuhlprobe können z. B. von Hämorrhoiden, aus Krebsgeschwülsten oder aus kleinen gutartigen Wucherungen stammen. Hier die zwei wichtigsten Testmethoden: Die schon lange bekannten chemischen Tests (z. B. Haemoccult®) sind störanfällig, da manchmal Speisen wie Fleischprodukte, Blutwurst oder Steckrüben einen Fehlalarm auslösen. Bei den neueren immunologischen Tests kommt das seltener vor, aber die Lagerungstemperatur der Stuhlprobe kann das Ergebnis beeinflussen. Alle Tests können durch Medikamente verfälscht werden. Frauen sollten darauf achten, den Test nicht während der Regelblutung zu machen. Falls ein Test Blut im Stuhl anzeigt, wird eine Darmspiegelung empfohlen. Chemischer und immunologischer Test entdecken etwa gleich häufig Blut, aber der immunologische Test liefert weniger Fehlalarme (sogenannte falsch positive Befunde). Meistens hat man auch bei „positivem“ Testergebnis zum Glück keinen Darmkrebs (siehe Kasten auf S. 4). Die gesetzlichen Krankenkassen erstatten übrigens nur den chemischen Test ab 50 Jahren.2 Bei der Darmspiegelung lassen sich im Gegensatz zum Stuhltest auf Blut auch Geschwülste entdecken, die (noch) nicht bluten. Diese Polypen (siehe Kasten) können eine Vorstufe von Krebs sein. Auffällige werden deshalb meist bei der Untersuchung gleich entfernt. Oft reicht für die Abklärung eine kleine Spiegelung des unteren Dickdarms (Sigmoidoskopie) aus, sonst wird eine große Darmspiegelung (Koloskopie) gemacht, mit der der ganze Dickdarm betrachtet wird. Nachteil der Darmspiegelung: Sie ist eher unangenehm, und vor allem bei der großen besteht ein, wenn auch geringes Risiko, den Darm zu verletzen. Außerdem entwickeln sich die meisten Polypen nicht zu Krebs. Als erste Untersuchung erstatten die Krankenkassen die Kosten für eine große Darmspiegelung ab 55 Jahren, die kleine Darmspiegelung wird nicht als erste Untersuchung bezahlt.

Was nützt die Früherkennung?

Kürzlich untersuchte eine Studie aus den USA mit 154.000 Teilnehmern, wie viele Erkrankungen sich durch die kleine Darmspiegelung verhindern lassen.3 Nach 12 Jahren gab es 1.012 Darmkrebserkrankungen in der Gruppe mit Spiegelung und 1.287 in der gleich großen Gruppe ohne Spiegelung. Mit Darmspiegelung starben 252 Patienten an Darmkrebs, in der Gruppe ohne Spiegelung waren es 341. Das bedeutet, wenn 1.000 Personen an einer Sigmoidoskopie teilnehmen, verhindert das innerhalb der nächsten zehn Jahre einen Krebstodesfall. Aber unerwünschte Wirkungen gab es auch, nämlich sehr selten eine Verletzung der Darmwand (Darmperforationen: 0,028 pro 1.000 Untersuchungen). Mehr Verletzungen gab es bei der großen Darmspiegelung, die nach einem auffälligen Befund bei 17.672 Personen zur weiteren Abklärung gemacht wurde (Darmperforation: 1,075 pro 1.000 Untersuchungen).

Welche Methode ist besser?

Mit welcher Methode werden mehr Karzinome früh erkannt und Todesfälle vermieden? Das will eine Studie in Spanien herausfinden.4 Sie vergleicht dazu die einmalige große Darmspiegelung5 mit der Stuhluntersuchung alle zwei Jahre. Wird bei der Stuhlprobe Blut gefunden, schließt sich eine große Koloskopie an. Obwohl die Endauswertung erst im Jahr 2021 vorliegen soll, gibt es berichtenswerte Zwischenergebnisse: Eine Stuhlprobe abzugeben, fällt offenkundig leichter als sich für eine Darmspiegelung zu entscheiden. Das verwundert nicht, da jeder die Stuhlentnahme – anders als die Koloskopie – selbst durchführt, das Verfahren völlig ungefährlich ist, keine Beschwerden macht und. die Schamgrenze weniger strapaziert wird. Nach bisherigen Auswertungen unterscheiden sich die Methoden im Ergebnis kaum: Zwar ist die Koloskopie eigentlich etwas effektiver, aber dass mehr Personen zu einem Stuhltest als zu einer Darmspiegelung bereit sind, gleicht diesen Unterschied aus. Bei beiden Untersuchungsgruppen wurden gleich viele Dickdarmkarzinome gefunden, Darmpolypen allerdings häufiger mit der Spiegelung. Diese oft nicht blutenden Geschwülste entarten manchmal. Da der Stuhltest alle zwei Jahre gemacht wird, können sie jedoch eventuell bei der nächsten Untersuchung auffallen.

Fazit

Wie groß ist der Nutzen einer Früherkennung? Statistisch sterben im Alter von 60 Jahren insgesamt 100 von 10.000 Menschen. Die Darmkrebsfrüherkennung kann davon einen Todesfall verhindern. Jeder muss sich überlegen, ob und an welchen Präventionsmaßnahnen er teilnehmen will, und dann im Gespräch mit seiner Ärztin oder seinem Arzt das Vorgehen festlegen. Der Blutnachweis im Stuhl alle zwei Jahre ist einfach, ungefährlich und daher als erster Schritt geeignet. Gibt es beim Bluttest auffällige Befunde, ist meist eine kleine Darmspiegelung der nächste Schritt. Die große Koloskopie ist eine Option, wenn die Ergebnisse der einfacheren Methoden nicht eindeutig sind. Daneben gilt natürlich weiter, dass Vorbeugung die beste Medizin ist, denn „Übergewicht, Bewegungsmangel und eine ballaststoffarme, fettreiche Nahrung mit einem hohen Anteil an rotem Fleisch und verarbeiteten Wurstwaren sowie einem geringen Anteil an Gemüse erhöhen das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken“1 (Siehe auch GPSP 4/2012, S. 10)

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2012 / S.03