Bioscan: Anbieter wegen Betrug verurteilt
Kann eine Bioresonanz-Messung einen Mangel an Vitaminen und Mineralstoffen oder erhöhte Cholesterin-Werte feststellen? Ein Gerichtsurteil hat solche Behauptungen jetzt als Betrug eingestuft.

Bioresonanz-Geräte der Marke „Bioscan“ finden sich in Reformhäusern, in Apotheken, bei Heilpraktiker:innen und Ernährungsberatungen sowie in einigen Arztpraxen.
Wer per Bioscan vermeintlich alles über seinen Gesundheitszustand wissen will, muss zwei Messfühler in die Hand nehmen. Kabel führen in einen Kasten und weitere von dort zu einem Laptop. Gemessen werden sollen Schwingungen im menschlichen Körper, die in 90 Sekunden und ganz ohne Blutuntersuchung angeblich Aufschluss über 200 medizinische Daten geben, beispielsweise zum Eisen-, Cholesterin- oder Testosteronspiegel.
Kostenpunkt: Je nach Anbieter zwischen knapp 30 und mehr als 100 Euro. Das ist aber noch nicht der komplette Preis: Denn verbunden ist die Untersuchung häufig mit einer Empfehlung, welche Nahrungsergänzungsmittel die ermittelten Mängel oder erhöhten Werte ausgleichen könnten.1
Mensch, Leberkäse, Putzlappen?
Schon von der Theorie her ist die Bioresonanz-Messung nicht plausibel.2 Dass sie auch in der Praxis Unfug ist, zeigte eine Untersuchung: Für die Sendung „report München“ testete ein Wissenschaftler-Team zwei verschiedene Geräte mit einem etwas ungewöhnlichen Versuchsaufbau:3 „Neun freiwillige [gesunde] Probanden (vier Frauen, fünf Männer), zwei männliche Patienten, eine Leiche, […] frischer Leberkäse (Fleischbrät) und ein feuchtes Tuch nahmen teil.“
Bei der Messung spuckten die Bioresonanz-Geräte immer Ergebnisse aus – egal, ob da gerade ein Mensch angeschlossen war oder etwa ein Leberkäse. Bei ein und demselben Probanden gab es unterschiedliche Ergebnisse, wenn in der Software nur das Geburtsdatum verändert wurde. Das schürt den Verdacht, dass bei Bioscan gar keine echten Messungen stattfinden. Einige Ergebnisse waren weniger lustig: „Bestehende Diagnosen schwer erkrankter Patienten wurden nicht erkannt, der Leiche beste Gesundheit neben einer Fülle potenzieller Gesundheitsrisiken attestiert, ebenso wie allen Probanden.“ 3
Anbieter zu Haftstrafen verurteilt
Das alles mündete in Ermittlungen gegen den Hersteller und einer Anklage wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Verstößen gegen das Heilmittelwerbegesetz. Im Prozess bestätigte ein weiterer Gutachter die Ergebnisse des Wissenschaftler-Teams.
Im Mai 2022 kam das Gericht in Reutlingen zu einem Urteil: Die beiden Geschäftsführer des Herstellers wurden zu zwei beziehungsweise drei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Außerdem sollen sie eine Strafe in Millionenhöhe zahlen. Laut Bayerischem Rundfunk wurden sie noch im Gerichtssaal verhaftet. Einer ehemaligen Mitarbeiterin steht eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen ins Haus. Gegen das Urteil haben die Beklagten Berufung eingelegt. Bis das Landgericht Tübingen darüber entschieden hat, darf das Gerät weiter verwendet und vertrieben werden.
Unbeeindruckt von alledem, werden die Geräte also weiterhin über das Internet verkauft, die Anschaffungspreise liegen zwischen 4.000 und 5.000 Euro. Außerdem finden sich immer noch Anbieter, die Messungen mit solchen Geräten und anschließende Beratungen offerieren.
Stand: 31. Oktober 2022 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2022 / S.12