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Ärger mit der Blase

Entzündungen sind häufiger bei Frauen

Eine akute Harnblaseninfektion ist meist unangenehm und schmerzhaft. Viel trinken und entzündungshemmende Schmerzmittel können helfen. Die körpereigene Abwehr bewältigt dann nicht selten die bakterielle Infektion in wenigen Tagen (GPSP 2/2011, S. 12). Wenn das nicht klappt oder die Beschwerden sich zu lange hinziehen, dann unterstützen Antibiotika den Kampf gegen die Bakterien.

Ob Blasenschleimhaut und Harnröhre mit Bakterien infiziert und entzündet sind, spüren Frauen schon früh daran, dass es beim Wasserlassen brennt, ständiger Harndrang quält und der Urin trübe ist. Manchmal ist er sogar blutig. Wer der Sache auf den Grund gehen möchte, kann Urin in ein Glasgefäß lassen und dieses gegen das Licht halten (Trübungstest). Ein glasklarer Urin spricht gegen eine Infektion, ein trüber eindeutig dafür.

Was aber ist die Ursache? Frauen haben eine kurze Harnröhre, d. h. der Weg von der Blase zur Harnröhrenmündung ist kurz. Und deren Abstand zum After ist kleiner als beim Mann. Dadurch können Keime leichter in Harnröhre und Blase aufsteigen.1 Besonders beim Sex können Darmkeime, die in der äußeren Genitalregion immer vorhanden sind, geradezu „einmassiert“ werden. Die Vorstellung, der Mann sei an der Infektion mitbeteiligt, ist insofern zwar richtig, aber er ist nicht die Quelle der Bakterien. Es ist auch nicht die fremde Klo-Brille. Fast immer sind Harnwegsinfektionen durch die eigenen Darmkeime (z.B. Escherichia coli) verursacht. Manchmal sind es auch eigene Hautkeime (Staphylokokken). Dennoch ist eine „übertriebene Hygiene“ im Genitalbereich, z.B. Reinigen mit Intim-Lotion statt mit Wasser, eher nachteilig (Reizungen, allergische Reaktionen). Ob Kälte solche Infektionen fördert und ob man deshalb nicht auf kalten Unterlagen sitzen sollte, ist unzureichend geklärt, wird aber von vielen Frauen so empfunden.

Wer bei einer Blaseninfektion viel trinkt, durchspült sozusagen die Blase und scheidet viele Bakterien aus.2 (Bei einigen Krankheiten, wie zum Beispiel bei Herzschwäche, darf man das aber nicht.) Bessern sich die Beschwerden durch solch einfache Maßnahmen nicht, dann sind Antibiotika Mittel der Wahl. Schwangere sollten allerdings bei einer Blasenentzündung immer ihren Arzt aufsuchen.

Antibiotika sollen die Dauer der Schmerzen und des ständigen Harndrangs verkürzen und die Ausheilung der Infektion beschleunigen. Außerdem sollen sie der Gefahr vorbeugen, dass die Infektion weiter aufsteigt und in eine Nierenbecken- bzw. Niereninfektion übergeht.2,3 Diese können wesentlich ernster verlaufen (Fieber, schweres allgemeines Krankheitsgefühl) und zu dauerhaften Schäden führen.

Das Für und Wider von Antibiotika

Alle im Folgenden besprochenen Antibiotika werden von den Nieren, die ja den Harn produzieren, gut ausgeschieden. Sie erreichen daher in den Harnwegen und der Harnblase eine hohe Wirkstoffkonzentration und damit – sofern die Bakterien empfindlich sind – eine gute Wirkung.

Nach jeder Antibiotikatherapie können aber Keime zurückbleiben, denen das verwendete Antibiotikum nichts anhaben konnte, die also resistent sind oder resistent geworden sind. Bei Blaseninfektionen der Frau sind das vor allem resistente E. coli im Darm.4 Wird die antibiotische Behandlung allerdings rasch beendet, wie es bei Blaseninfektionen möglich und üblich ist, werden die resistenten Keime von anderen „vertrieben“ und die Bakterienflora normalisiert sich bald wieder. Daher ist das Risiko, dass man bei einer solchen Kurzzeit- Therapie resistente Bakterien heranzüchtet, nicht besonders groß.

Antibiotika der engeren Wahl

Trimethoprim wirkt gegen die meisten Bakterienstämme, die eine Blaseninfektion verursachen. Das Mittel ist im Allgemeinen gut verträglich (unerwünschte Wirkungen siehe Tabelle auf S. 4). Wir raten, es als erstes einzusetzen.5 Weniger zu empfehlen ist Co-trimoxazol, eine Kombination von Trimethoprim mit einem Sulfonamid. Dieses kann deutlich mehr unerwünschte Wirkungen auslösen, auch schwere Hautprobleme, ohne bei einer Erstbehandlung wesentlich besser zu wirken. Zudem scheinen Resistenzen gegen Co-trimoxazol zurzeit zuzunehmen.

Als Mittel der zweiten Wahl gilt Nitrofurantoin, das schon seit Anfang der fünfziger Jahre im Gebrauch ist. Weil bei Langzeiteinnahme schwere unerwünschte Wirkungen auffielen (Nerven-, Leberschäden), haben Ärzte es nicht mehr so oft verordnet, obwohl es gut wirkt. Bei der kurzfristigen Behandlung von Blaseninfektionen sind diese Risiken jedoch gering. Der Vorteil der Mittels liegt darin, dass es nach bisherigen Erfahrungen Resistenzen relativ selten sind.

Fosfomycin, von dem nur eine einzige Dosis eingenommen wird, kommt an dritter Stelle in Frage. Gegen dieses nur relativ selten verwendete Antibiotikum scheinen derzeit nur wenige Resistenzen vorzukommen.6

Bei weiteren Wirkstoffen tun Ärzte gut daran, sie bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen allenfalls ausnahmsweise zu verordnen (z.B. nach Testung der Wirksamkeit oder Unverträglichkeit der erstgenannten Antibiotika). Zu diesen Mitteln der Reserve gehört beispielsweise der Gyrasehemmer Ciprofloxacin, der gegen bedrohliche Infektionen dringend gebraucht wird und nur wirksam bleibt, wenn sich in der Bevölkerung keine resistenten Bakterien ausbreiten. Deshalb sollten solche Mittel nicht leichtfertig bei Harnwegsinfektionen verwendet werden.

Da das Penicillin Amoxicillin recht oft einen – wenn auch harmlosen, aber doch lästigen – Hautausschlag verursacht, und zudem Escherichia coli-Bakterien zunehmend resistent geworden sind, wird es heutzutage nicht mehr empfohlen.6

Was tun wenn?

Verschiedene Ärzte verordnen nicht nur unterschiedliche Antibiotika, sondern empfehlen bisweilen auch eine unterschiedlich lange Einnahmedauer. Generell liegen die Empfehlungen für Frauen mit unkomplizierter Harnwegsinfektion zwischen einem Tag (Fosfomycin) und drei bis sieben Tagen. Die längere Behandlung führt etwas häufiger zum Erfolg, allerdings kommt es dann auch häufi ger zu unerwünschten Wirkungen. Es kann zum Beispiel das Gleichgewicht der körpereigenen Bakterienflora so gestört werden, dass es zu einer Pilz-Infektion der Scheide kommt, eine unangenehme, schmerzhafte und langwierige Sache.

Fast immer gehen Blaseninfektionen rasch vorüber. Manchmal ist es schwierig, einer erneuten Infektion vor zubeugen. Für Frauen, bei denen sich nach dem Sex häufi g die Blase infi ziert, gibt es jedoch eine einfache und oft hilfreiche Maßnahme: Nach dem Verkehr – so früh wie es die Umstände zulassen – die Blase entleeren. Dadurch werden krankmachende Bakterien ausgespült, bevor sie sich vermehren und Schaden anrichten können. Im 20-Minuten-Takt verdoppelt sich die Zahl der Bakterien.

Wer Infektionen im Urlaub oder an Feiertagen befürchtet, wenn der Hausarzt nicht oder schlecht zu erreichen ist, kann mit diesem vorher besprechen, was gegebenenfalls zu tun ist. Manchmal ist es nützlich, ein vorsorglich verordnetes Antibiotikum griffbereit zu haben.

Für sehr wenige Frauen kann es sogar hilfreich sein, eine Einmaldosis eines Antibiotikums nach jedem Sex einzunehmen. Vor- und Nachteile dieses Vorgehens hängen natürlich auch von der Häufigkeit und der Art des Sexualverkehrs ab. Sie sollten die Situation mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin besprechen.

Lohnen Urintests?

Teststreifen lassen mit hoher Genauigkeit erkennen, ob in der Urinprobe vermehrt weiße und rote Blutkörperchen vorhanden sind. Dieses Entzündungszeichen, also ein „positiver“ Befund, kann – zusammen mit den Beschwerden – die Diagnose sichern. Bei häufi gen Harnwegsinfektionen kann es sinnvoll sein, diesen Test selbst durchzuführen. Er ist empfindlicher als der Trübungstest, der erst bei einer erheblich vermehrten Zahl weißer Blutkörperchen „positiv“ ausfällt.

In vielen Arztpraxen ist es üblich, eine Harnprobe auf die „schuldigen“ Bakterien zu untersuchen. Manchmal auch, um zu erkennen, ob die Bakterien gegen die in Frage kommenden Antibiotika resistent sind. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen können in die Irre führen: Frauen ist es nur schwer möglich, Harn für die bakteriologische Untersuchung so zu gewinnen, dass nicht auch beim so genannten Mittelstrahlurin doch Keime aus dem Genitalbereich mit in die Probe gelangen.

Bei schweren, immer wiederkehrenden Blaseninfektionen mit zahlreichen Vorbehandlungen, also einer Situation, in der es sehr darauf ankommt, den Keim eindeutig zu identifizieren, kann eine Blasenpunktion sinnvoll sein. Hierbei wird der Urin ohne „Verunreinigung“ gewonnen.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2012 / S.03