Zeckenbiss? Keine Panik!
Frühsommer-Meningoenzephalitis selten
Endlich ist der Sommer gekommen und damit auch wieder die Zecken – Störenfriede der Freizeitfreuden im Grünen. Denn Zecken können Krankheiten übertragen. Wie groß ist die Gefahr, wie kann man sich schützen?
Zecken halten sich vor allem in Wäldern, in hohem Gras und Gebüsch auf. Einen gewissen Schutz vor Zecken bieten lange Hosen und langärmelige Hemden (siehe GPSP 2/2007 S. 1). Dennoch empfiehlt es sich, nach einem Ausflug den ganzen Körper nach Zecken abzusuchen, denn sie krabbeln unter der Kleidung in Körperregionen mit weicher Haut. Wenn das geschehen ist: Mit schmaler Pinzette oder den Fingernägeln herausziehen, ohne Drehbewegung und ohne ihren Leib zu sehr zu quetschen. Andernfalls würde man vielleicht Viren oder Bakterien in die Bisswunde pressen.
Ein Arztbesuch ist nach einem Zeckenbiss nur erforderlich, wenn sich in den nächsten Tagen die Haut um die Bissstelle herum zunehmend rötet oder sich etwa Fieber oder Kopfschmerzen entwickeln. Das könnte auf eine Borreliose hindeuten. Sie kann erfolgreich mit Antibiotika behandelt werden.1
Zecken können praktisch überall Borreliosebakterien übertragen, die Viruskrankheit Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) gibt es hierzulande nur im Süden (siehe Abbildung und Webseite des RKI2) Bei einer FSME entzünden sich Hirnhäute und Gehirn. Es gibt bisher kein Medikament, aber eine vorbeugende Impfung. Hirnhaut- und Gehirnentzündung als Folge eines Zeckenbisses, das macht Angst. Und diese wird geschickt von den Impfstoffherstellern geschürt. Wer sich rational für oder gegen die Impfung entscheiden will, sollte über Vor- und Nachteile informiert sein.
Selbst in den Risikogebieten tragen nur wenige Zecken FSME-Viren. Und selbst der Biss einer infizierten Zecke in einem Risikogebiet bleibt meist ohne Folgen. Nur jeder Dritte bis Vierte entwickelt überhaupt Beschwerden wie Fieber oder Gelenkschmerzen, die nach einigen Tagen aber verschwinden.
Bei jedem Zehnten kann nach einer weiteren Woche eine typische Meningoenzephalitis entstehen, für die unter anderem starke Müdigkeit, erhebliche Kopfschmerzen, Bewegungs- und Bewusstseinsstörungen typisch sind. Einer von hundert Erkrankten mit solch schwerem Krankheitsverlauf stirbt, bei einem weiteren bleiben schwere Schäden zurück.
Wenn man davon ausgeht, dass in einem Zeckengebiet eine von 100 Zecken vom FSME-Virus befallen ist (meist sind es weniger), lässt sich hochrechnen, dass einer von 1.000 Erwachsenen, der in einer Risikoregion von einer Zecke gebissen wurde, an einer typischen Meningoenzephalitis erkrankt. Das klingt dramatisch. Doch im Jahr 2009 wurden insgesamt in Deutschland lediglich 313 FSME-Neuerkrankungen gemeldet. Kinder erkranken extrem selten an FSME.3
Wer sich impfen lassen will, muss die Risiken einer Erkrankung gegen die Risiken der Impfung abwägen. Sie ist nicht besonders gut verträglich: Mehr als jeder zehnte in Deutschland gemeldete Verdacht auf Impfschaden betraf FSME-Impfungen.4 Häufig (1-10% aller geimpften Erwachsenen) sind Kopfschmerzen, Müdigkeit, Übelkeit sowie Muskel- und Gelenksschmerzen, gelegentlich (0,1-1%) kommt es zu Lymphknotenschwellungen, Erbrechen, Fieber und Hautreaktionen. Sehr selten (weniger als 0,01%) sind lebensbedrohliche Komplikationen mit Gehirn- oder Nervensymptomen einschließlich Krampfanfällen gemeldet worden.5 Kleinkinder vertragen die Impfung besonders schlecht.6
Sinnvoll ist eine Impfung nur in Risikogebieten und dort nur für Erwachsene, die beruflich oder in ihrer Freizeit leicht mit Zecken in Berührung kommen, zum Beispiel Gärtner, Jogger oder Wanderer.7
Stand: 1. August 2010 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2010 / S.06