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© peterschreiber.media/ iStockphoto.com

Geldflüsse in der Medizin

Wenn finanzielle Verbindungen verschwiegen werden

Wenn Ärztinnen und Ärzte finanzielle Beziehungen zu Pharmaunternehmen haben, kann das ihre Einschätzungen zu medizinischen Behandlungen verzerren. Das ist seit Langem bekannt. Bisher werden solche Beziehungen in Deutschland nicht systematisch erfasst. Das lässt Raum für unvollständige Angaben und verschwiegene Interessenkonflikte. Und genau diesen will das Rechercheprojekt „Follow the Grant“ auf die Spur kommen.

Wie entscheiden Arzt oder Ärztin eigentlich, welches Medikament sie Ihnen verordnen? Im Idealfall berücksichtigen sie dabei das verfügbare Wissen zu Nutzen und Risiken, ihre eigenen Praxiserfahrungen und das, was Ihnen bei der Behandlung wichtig erscheint. Leider passiert es aber immer noch häufig, dass auch die finanziellen Verbindungen zur Pharmaindustrie mitspielen: etwa wenn Arzt oder Ärztin Geld für eine meist nutzlose Anwendungsbeobachtung erhalten, gegen Honorar im Auftrag eines Unternehmens Vorträge halten oder sich als Berater:in einspannen lassen. Bei solchen Interessenkonflikten besteht das Risiko, dass das persönlich-fachliche Einschätzen von Medikamenten, anderen medizinischer Behandlungen oder Untersuchungsmethoden verzerrt wird. Das kann weitreichende Folgen haben und sich nicht nur auf einzelne Erkrankte, sondern sehr viele auswirken. Zum Beispiel wenn die Geldempfänger an der Erstellung von Leitlinien beteiligt sind, die von anderen Ärztinnen oder Ärzten als Hilfestellung herangezogen werden.

Wenig transparent

In den USA sind Pharmafirmen seit einigen Jahren verpflichtet, Zahlungen an Ärztinnen und Ärzte einer öffentlich zugänglichen Datenbank zu melden. In Deutschland sind die Regeln anders: Die Angaben werden nicht zentral erfasst, sondern von den jeweiligen Unternehmen einzeln veröffentlicht – allerdings nur dann, wenn die betreffenden Ärzt:innen zugestimmt haben. In den letzten Jahren haben die meisten Betroffenen sich der Transparenz verweigert. Das Recherchebüro Correctiv hatte in der Vergangenheit diese verstreuten Angaben für ausgewählte Jahre in einer Datenbank zusammengetragen. Die Datenbank wird allerdings nicht mehr aktualisiert und sie ist seit Anfang 2021 nicht mehr verfügbar.

Stimmen die Angaben?

An anderen Stellen sind Angaben eigentlich verpflichtend, etwa bei Veröffentlichungen in medizinischen Fachzeitschriften oder wenn Mediziner:innen an der Erstellung von ärztlichen Leitlinien beteiligt sind. Aufgrund der fehlenden Transparenz kann aber niemand prüfen, ob diese Angaben tatsächlich vollständig sind.

Das journalistische Rechercheprojekt „Follow the Grant“ verdient große Anerkennung: Es hat sich zur Aufgabe gemacht, Angaben zu Interessenkonflikten in den verschiedenen Quellen auf Widersprüche zu prüfen: Gibt es also zum Beispiel Mediziner:innen, die in wissenschaftlichen Veröffentlichungen einmal Interessenkonflikte angeben und ein anderes Mal nicht, ohne dass es einen sachlichen Grund dafür gibt? Dafür hat das Rechercheteam aufwendig Daten aus diversen Quellen in eine Datenbank einfließen lassen, bei Bedarf händisch nachrecherchiert und in einer ersten Veröffentlichung fünf Mediziner mit Diskrepanzen konfrontiert.1

Anwendungsbeobachtung
GPSP 5/2020, S. 26

Leitlinien
GPSP 2/2017, S. 14

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2021 / S.18