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Werbung für Ärzte: Cipralex®

Für rezeptpflichtige Medikamente darf nicht öffentlich, etwa im Fernsehen oder in Zeitschriften, geworben werden. Aber bei Ärzten schon, die sollen ja die Rezepte schreiben. Wir zeigen Ihnen an einem Beispiel, mit welchen zweifelhaften Methoden in Ärztezeitschriften für Psychopharmaka geworben wird.

Beispiel Werbung für Psychopharmaka

  • Auch Ärzte sind nur Menschen: Das Bild mit starker Suggestivkraft nimmt viel mehr Raum ein als der Text.
  • „Das innovativste Produkt 2004“ heißt es hier. Dieser Preis wird von EURECON verliehen, einer Werbeagentur für Pharmaunternehmen. Der Preis beruht nicht auf einer wissenschaftlichen Bewertung, sondern auf einer Telefonumfrage der Marketingzeitschrift „PharmaBarometer“. Diese ködert Ärzte für Online-Umfragen: „Attraktive Prämien wie DVDs, Weinpakete und Bücher warten auf Sie.“
  • Die Anwendungshäufigkeit ist kein Qualitätsmerkmal, sondern meist das Ergebnis gelungener Werbung.
  • „Gut verträglich“? Das klingt nach einem harmlosen Mittel. Aber die Nebenwirkungen entsprechen denen anderer Antidepressiva vom gleichen Typ: Dazu zählen Übelkeit (Häufigkeit über 10%), Schlafstörungen (über 1%), Selbstmordgedanken, Fieber, die Gefahr von sehr unangenehmen Entzugserscheinungen beim Absetzen und anderes mehr.
  • „Bei Depression einfach stark“? Dies suggeriert eine problemlose und effektive Anwendung. Das Mittel hilft jedoch längst nicht allen Patienten.
  • „Unabhängige Untersuchung der Mefos im Auftrag des Pharmabarometers“. Unabhängig? Mefos, PharmaBarometer und EURECON gehören zur Schweizer Werbeagentur „Dr. Jung Gruppe“, die auf ihrer Webseite z.B. auch das „Verpacken“ von Werbung in wissenschaftliche Artikel anbietet, eine besonders üble Methode der Manipulation. Weitere Produkte der Gruppe sind u.a. Aufkleber zum Überdecken der vorgeschriebenen Warnhinweise auf Zigarettenschachteln.
  • Das wirklich Interessante zu Risiken und Nebenwirkungen steht im Kleingedruckten. Aber wer liest das schon? (Im Original beträgt die Schriftgröße 2 mm!)

Weglassen als Strategie: Kein Wort zu den Kost

Cipralex® (Wirkstoff Escitalopram) ist ein Antidepressivum der Substanzklasse der SSRI. Escitalopram ist schon lange als Bestandteil von Citalopram auf dem Markt. Rechtzeitig zum Ablaufen des Patentschutzes von Citalopram wurde Escitalopram als „neue Erfindung“ auf den Markt gebracht. Es bietet keinen belegten Fortschritt für die Therapie, ist aber doppelt so teuer wie gleichwertige Präparate. Der ursprüngliche Werbeslogan „stärker und schneller als Citalopram“ wurde in Großbritannien als Falschbehauptung gerichtlich verboten.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2006 / S.09