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Pharmafirmen im Kindergarten

Die Zeitschrift „ü3“ liegt in Kindergärten aus und wirbt mit dem Slogan „Informierte Eltern. Gesunde Kinder.“ Der Haken: Sie wird von Arzneimittelherstellern finanziert und kostenlos über Kinderärzte und Kindertagesstätten verbreitet. Herausgeber ist der Kinderarzt Priv. Doz. Dr. Klaus Hartmann, der gleichzeitig Inhaber des Unternehmens Biomedpark ist, das im Auftrag von Pharmafirmen Werbemagazine produziert und Veranstaltungen für Ärzte organisiert.1 Eine Elternzeitschrift, die journalistische Artikel über Gesundheitsthemen mit Werbung verknüpft, halten wir für bedenklich. Eltern sorgen sich um ihre Kinder. Und gerade Eltern von Kleinkindern brauchen ausgewogene und unabhängige Informationen über Gesundheitsthemen, die ihre Kinder betreffen.

Ausschnitt aus der Zeitschrift „ü3“

  • Werbung erkennbar? Die Werbeanzeigen sind kaum vom redaktionellen Text zu unterscheiden. Eine zweiseitige Anzeige des Wachstumshormon-Anbieters Sandoz wird als „Sandoz Biopharmaceuticals spezial“ bezeichnet und im Inhaltsverzeichnis wie ein normaler Artikel aufgeführt.
  • Geschickt gemacht: Die Anzeige wirbt für ein Therapie-Begleitprogramm. Das ist geschickt, denn so wird das Werbeverbot für verschreibungspflichtige Medikamente unterlaufen.
  • Wachstumshormone? Hier wird der Eindruck erweckt, es sei fast normal, Wachstumshormone gespritzt zu bekommen
  • Gesponsert: Die Zeitschrift wurde vom Hersteller des im Heft „ü3“ beworbenen Wachstumshormons finanziell gefördert.
  • Das rockt? In einer Elternzeitschrift das Begleitprogramm zur Behandlung von Wachstumsstörungen mit einer Kinder-Rockband zu bewerben, erachten wir als verharmlosend.

Die Ausgabe 2/2012 der Zeitschrift ü3 umfasst 40 Seiten, davon sind 5 Seiten Werbung für Wachstumshormone von zwei Herstellern.2 Eltern sollten sich nicht durch Formulierungen wie „Ihr Kind ist kleiner als Sie in seinem Alter waren?“ … dann „sollten Sie mit Ihrem Arzt sprechen“ 3 verunsichern lassen. Abweichungen von der Norm sind nicht zwangsläufig eine Krankheit. Die Behandlung mit dem Wachstumshormon Somatropin ist medizinisch nur vertretbar, wenn bestimmte eng umschriebene Kriterien erfüllt sind. Kinder wachsen nicht alle gleich schnell und viele holen später in der Größe auf. Sie sollten nicht leichtfertig mit Somatropin behandelt werden. Denn das Hormon greift in viele Stoffwechselvorgänge ein und ist mit unerwünschten Wirkungen verbunden, z. B. Ödemen, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen oder Herzerkrankungen.4 Es besteht sogar der Verdacht, dass Wachstumshormone die Lebensdauer verkürzen.5

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2012 / S.16