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Was geht wann?

Rezeptfreie Schmerzmittel in der Schwangerschaft

Wenn der Babybauch die Rückenmuskeln strapaziert oder Stress bei der Elternzeitplanung zu Kopfschmerzen führt, fragen sich viele Frauen, ob sie überhaupt Schmerzmittel einnehmen dürfen. Zum Glück ist die Antwort: Ja. Aber nicht jedes Mittel ist in jeder Phase der Schwangerschaft geeignet. Wir geben einen Überblick.

Wer ein Baby erwartet, sollte grundsätzlich möglichst wenige Medikamente einnehmen – das wissen die meisten Frauen und sind entsprechend vorsichtig. Aber wenn der Kopf brummt, der Rücken zwickt oder eine fiebrige Erkältung sie erwischt hat und andere Maßnahmen nicht ausreichend helfen, gibt es auch für sie Optionen bei rezeptfreien Schmerzmitteln.1,2

© Thomas Kunz

Verschiedene Medikamente

In Deutschland stehen für die kurzfristige Behandlung von Schmerzen verschiedene Wirkstoffe aus unterschiedlichen Arzneistoffgruppen ohne Rezept zur Verfügung:

  • Paracetamol
  • Ibuprofen, Diclofenac und Naproxen: Alles Mittel aus der Gruppe der nicht-steroidalen Entzündungshemmer (auch als NSAR oder NSAID abgekürzt)
  • Acetylsalicylsäure (ASS)

Allerdings eignen sich diese Arzneistoffe nicht alle gleich gut in den verschiedenen Phasen der Schwangerschaft. Und grundsätzlich gilt: Alle rezeptfreien Schmerzmittel sollten so selten und so kurz wie möglich eingesetzt werden.

Wer bereits andere, ärztlich verordnete Medikamente einnimmt, sollte mit der Ärztin oder dem Arzt besprechen, welches rezeptfreie Schmerzmittel (nicht) eingenommen werden sollte, um Wechselwirkungen möglichst zu vermeiden.

Am Anfang

Im ersten Schwangerschaftsdrittel entwickeln sich die Organe und Gewebe des Kindes. In dieser sensiblen Phase können durch schädliche Substanzen – wozu zum Beispiel Alkohol, aber auch einige Medikamente gehören – etwa Fehlbildungen entstehen, oder es kann zu einer Fehlgeburt kommen.

In dieser Phase gelten Ibuprofen und Paracetamol als die am besten untersuchten Schmerzmittel. Sie erhöhen wahrscheinlich weder das Risiko für Fehlbildungen noch das für Fehlgeburten. Auch für Diclofenac, Naproxen oder ASS gibt es keine eindeutigen Hinweise auf Probleme. Allerdings ist der Erfahrungsumfang mit Diclofenac und Naproxen geringer, und auch ASS gilt hier nur als Mittel der zweiten Wahl für die Behandlung von Schmerzen.

Verdacht nicht erhärtet

In den letzten Jahren sorgten Studienergebnisse für Verunsicherung: Bei Kindern, die im Bauch der Mutter Kontakt mit Paracetamol hatten, gab es Hinweise auf Auffälligkeiten wie Entwicklungsstörungen, Asthma und Hodenhochstand. Allerdings hatten viele dieser Studien methodische Probleme und kamen auch zu widersprüchlichen Ergebnissen, sodass die Verdachtsmomente als nicht bestätigt gelten und sich die Einschätzung von Paracetamol als geeignetes Schmerzmittel für die gesamte Schwangerschaft nicht geändert hat.

In der Mitte

Etwas unsicherer ist die Datenlage für den Einsatz von NSAR im zweiten Schwangerschaftsdrittel. Vermutlich birgt eine kurzzeitige Anwendung von NSAR, also höchstens über drei bis vier Tage, im zweiten Drittel aber kein substanzielles Risiko. Gleiches gilt auch für Paracetamol.

Gegen Ende zu bedenken

Ab der 28. Schwangerschaftswoche dürfen Schmerzmittel aus der Gruppe der NSAR sowie ASS nicht mehr eingesetzt werden: Sie können dazu führen, dass sich der Ductus arteriosus Botalli – eine Verbindung zwischen der Hauptschlagader und der Lungenschlagader beim ungeborenen Kind, die sich nach der Geburt mit der Entfaltung der Lunge schließt – vorzeitig verengt oder verschließt. Das kann zu Herzproblemen, Lungenhochdruck und sogar zum Tod des Kindes führen. Außerdem können NSAR, die in den letzten drei Monaten eingenommen werden, beim ungeborenen Kind Nierenprobleme verursachen.

Paracetamol im letzten Drittel einzunehmen, hat wahrscheinlich keine bedeutsamen Auswirkungen auf den Ductus arteriosus Botalli sowie auf den Kreislauf und/oder die Nierenfunktion des ungeborenen Kindes. Es gibt zwar einige wenige Fallberichte, in denen solche Probleme beschrieben wurden. Doch meist hatten die werdenden Mütter auch noch ein NSAR eingenommen oder es lag ein anderes medizinisches Problem vor, das möglicherweise die Ursache war.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2020 / S.22