Schmerzmittel: Sie haben die Wahl
Tipps zur Auswahl rezeptfreier Präparate
Die deutschen Apotheken führen mehr als 250 rezeptfreie Schmerzmittel. Dieses anscheinend vielfältige Angebot täuscht jedoch darüber hinweg, dass es nur wenige schmerzdämpfende Wirkstoffe zur Selbstmedikation gibt. Häufig genutzt und bewährt sind vor allem Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen und Paracetamol sowie Naproxen. Ibuprofen und Naproxen sind in höheren Dosierungen zur Behandlung rheumatischer Schmerzen verschreibungspflichtig. Aufgeplustert wird das Schmerzmittelangebot vor allem durch Generika („Kopien“, siehe GPSP 5/2006, S. 10) und Kombinationspräparate, die mehrere Bestandteile enthalten.
Geplante Verwirrung
Da es nur wenige relevante schmerzstillende Wirkstoffe gibt und diese sich zudem billig produzieren lassen, versuchen manche Hersteller, durch phantasiereiche Namensgebung spezielle Eigenschaften vorzugaukeln. So gibt es Pfeil® Zahnschmerztabletten, Dolormin® Migräne Granulat, Mensoton® Regelschmerztabletten oder Spalt® Kopfschmerzkapseln. Sie alle enthalten jedoch den Wirkstoff Ibuprofen in der Dosis zu 200 mg und wirken somit nicht besser gegen die im Markennamen genannten Beschwerden als die anderen Mittel mit Ibuprofen.
Mit Hochpreisprodukten wie Grippostad® Heißgetränk oder Contac® Erkältungstrunk, hinter denen sich der Wirkstoff Paracetamol verbirgt, wird so richtig abgezockt: Ein Gramm Paracetamol in solchen Trunks und Brausen kostet fast das 20fache im Vergleich zu normalen Tabletten wie Paracetamol AL® 500.
Dauerproblem: Kombinationen
Auch Kombinationspräparate machen den Schmerzmittelmarkt unübersichtlich. Sie enthalten beispielsweise Acetylsalicylsäure (ASS) plus Paracetamol (z.B. Spalt® Schmerztabletten) oder zusätzlich auch noch Koffein (z.B. in Thomapyrin® Schmerztabletten), Vitamin C (Ratiogrippal®+C Brausetabletten) oder andere Substanzen. Kombinationen verschiedener Schmerzwirkstoffe wurden im vorigen Jahrhundert „erfunden“, als man noch glaubte, dass sich die Wirkung der Bestandteile gegenseitig verstärke. Dies trifft aber nicht zu.
Die schmerzstillenden Wirkungen der in diesen Mitteln geringer dosierten Wirkstoffe wie etwa ASS und Paracetamol addieren sich lediglich. Daraus ergeben sich keine Vorteile gegenüber Arzneimitteln mit nur einem Wirkstoff.
Allerdings gibt es ernstzunehmende Hinweise auf besondere Risiken von Schmerzmittelmischungen: Werden sie über längere Zeit eingenommen, kann das die Nieren schädigen („Schmerzmittelniere“),1 und zwar anscheinend häufiger, als das bei Präparaten mit nur einem Wirkstoff der Fall ist. Auch Koffein erachten wir als unerwünschten Bestandteil. Weil es stimulierend wirkt, besteht die Gefahr, dass koffeinhaltige Präparate wegen der als angenehm empfundenen Wirkung unnötig lange eingenommen werden.
Außerdem kann Koffein Entzugskopfschmerzen auslösen, wenn das Mittel länger angewendet und dann abgesetzt wird. Das verleitet dazu, das Schmerzmittel erneut einzunehmen – ein Teufelskreis. Kombinationsschmerzmittel haben keine Wirkvorteile, können sich aber bei Dauergebrauch schädigend auswirken. Daher raten wir von solchen Produkten ab.
Die gute Wahl
Zur Selbstbehandlung eignen sich am besten Einstoffpräparate mit Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Paracetamol. Diese Mittel sind seit Jahrzehnten bewährt. Naproxen, dessen Wirkung etwa doppelt so lange wie die der anderen Wirkstoffe anhält, darf erst seit 2002 ohne ärztliche Verordnung verkauft werden, allerdings nur in niedrigen Dosierungen. Es ist als rezeptfreies Schmerzmittel noch weniger bewährt. Daher ziehen wir Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Paracetamol vor. Einen aktuellen Preisvergleich finden Sie auf S. 6.
ASS, Ibuprofen und Paracetamol lindern gut den Schmerz, sind jedoch nicht beliebig austauschbar. Der Grund liegt in ihren besonderen Eigenschaften. So wirkt Paracetamol im Gegensatz zu den anderen Mitteln nicht entzündungshemmend, etwa bei entzündlichen Gelenkschmerzen (wohl aber schmerzlindernd bei Verschleiß von Gelenken). Andererseits darf Acetylsalicylsäure, weil sie Blutungen verstärken kann, nicht vor zahnärztlichen Eingriffen oder Operationen eingenommen werden, dafür aber Paracetamol. In der untenstehenden Übersicht beschreiben wir, für welche Situationen sich die schmerzlindernden Stoffe besonders gut eignen und wann sie besser zu meiden sind.
Stand: 1. Februar 2008 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2008 / S.03