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PSA-Screening: Mehr Schaden als Nutzen für Männer?

Was bringt das PSA-Screening?

Der PSA-Test soll helfen, Prostatakrebs früh zu erkennen. Eine kürzlich veröffentlichte Bewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) beleuchtet Nutzen und Schaden.

Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Für seine Früherkennung gibt es zwei Möglichkeiten: 1. Die ärztliche Tastuntersuchung durch den Enddarm. Bei Männern über 45 Jahren bezahlt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten.2 Den PSA-Test, den Männer aus der eigenen Tasche zahlen müssen. Diese Untersuchungen („Screening“) richten sich an Männer, die bisher keine Beschwerden oder Auffälligkeiten haben.

Allerdings werden Nutzen und Risiken dieses Tests schon lange kontrovers diskutiert. Das IQWiG hat im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) Ende 2019 die verfügbaren Studien zum PSA-Screening gesichtet und Nutzen sowie Schaden analysiert.1

Was nützt das Screening?

Der mögliche Nutzen des PSA-Screenings liegt darin, Prostatakrebs frühzeitig erkennen und behandeln zu können.

In den vorliegenden Studien ersparte oder verzögerte ein Screening mittels PSA-Test durchschnittlich etwa drei von 1.000 Patienten innerhalb von zwölf Jahren eine metastasierte Krebserkrankung.2 Es ist nicht klar, ob der Test tatsächlich Leben rettet: Zwar bewahrt er statistisch betrachtet drei von 1.000 Patienten innerhalb von 16 Jahren vor dem Tod durch Prostatakrebs, allerdings starben insgesamt – mit und ohne Screening – gleich viele Männer.

Und der Schaden?

Beim PSA-Screening kann es passieren, dass der Test einen Hinweis auf einen möglichen Prostatakrebs liefert, der sich bei der weiteren Abklärung als falsch herausstellt (falsch-positiver Befund). Bis dahin entsteht aber eine psychische Belastung für den Patienten. Und die Untersuchungen zur weiteren Abklärung und anschließenden Therapien bergen oft selbst Risiken: Bei rund zwei Prozent aller Gewebeentnahmen (Biopsien) treten Komplikationen wie etwa Infektionen auf. Dauerhafte Inkontinenz als Folge einer anschließenden Behandlung mit Operation oder Bestrahlung droht drei von 1.000 Männern, dauerhafte Impotenz 25 von 1.000 Männern.

Weiteres Problem: Überdiagnose

Mit dem Begriff „Überdiagnose“ wird die Erkennung eines Tumors beschrieben, der gar nicht oder so langsam wächst, dass er zu Lebzeiten nie Beschwerden verursacht und ohne die Früherkennung nie aufgefallen wäre. Wie durch Autopsien bekannt ist, sterben viele alte Männer mit einem Prostatakrebs, der während ihrer Lebenszeit nicht zu Symptomen geführt hat. Wird dieser Krebs durch Screening erkannt und behandelt, erleben die Männer möglicherweise die negativen Folgen des Vorgehens, ohne den geringsten Nutzen von der Therapie zu haben. Das betrifft beim PSA-Screening nach den Berechnungen des IQWiG etwa 35 bis 60 von 1.000 Männern, wenn ein Wert unter 4 Nanogramm pro Milliliter als auffällig eingestuft wird. Bei Werten darüber (wie es in Deutschland üblich ist) betreffen Überdiagnosen etwa 7 bis 16 von 1.000 Männern.

Bessere Bilanz?

Theoretisch ist es denkbar, dass die Bilanz von Nutzen und Schaden des PSA-Screenings unter bestimmten Umständen günstiger ausfallen könnte: Etwa dann, wenn nur Männer gescreent würden, bei denen in der Familie gehäuft Prostatakrebs aufgetreten ist und die deshalb ein höheres Risiko haben. Oder wenn neuere Methoden zur Abklärung eines verdächtigen Befunds weniger schadeten. Allerdings lässt sich auf der Basis der bisher durchgeführten Studien nicht verlässlich sagen, ob und welche Anpassungen tatsächlich das Verhältnis von Nutzen und Schaden verbessern würden.

Fazit

Durch das PSA-Screening, die weitere Abklärung und Behandlung sinkt das Risiko etwas, an Prostatakrebs zu sterben. Insgesamt sterben aber nicht weniger Männer. Dem gegenüber müssen alle Screening-Teilnehmer, egal ob sie einen Nutzen haben oder nicht, mit teils erheblichen Schäden rechnen, die im Laufe der weiteren Behandlung entstehen können. Vor einer Entscheidung, das PSA zu messen, ist es deshalb wichtig, beides zu bedenken und individuell abzuwägen.

PSA-Test
GPSP 3/2009, S. 5

Schaden durch Früh­erkennung
GPSP 3/2017, S. 19

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2020 / S.25