Medikamente: Mit Druck zu mehr Transparenz
Zulassungsbehörden sorgen für Veröffentlichung von Daten aus Studien
Bei den allermeisten klinischen Studien, die die Zulassungsbehörden genehmigen, müssen die Ergebnisse innerhalb eines Jahres nach Abschluss veröffentlicht werden. Das passiert nicht immer. Es hilft aber, wenn die Behörden tatsächlich nachhaken.
Dass trotz gesetzlicher Verpflichtungen nicht alle Studiendaten veröffentlicht werden, ist ein Ärgernis. Denn nur mit den Ergebnissen sämtlicher durchgeführter Untersuchungen lässt sich herausfinden, wie viel ein bestimmtes Medikament nützt – oder schadet.
Druck von oben
Um das zu ändern, braucht es bei einigen Studienverantwortlichen offenbar Druck – und der kommt am besten von oben. Genau das zeigen die Ergebnisse von Bemühungen der deutschen Zulassungsbehörde, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM):
Im Sommer 2019 hatten die Europäische Kommission und europäische Zulassungsbehörden in einem offenen Brief an die Transparenz-Verpflichtungen erinnert. Wie im Herbst 2021 bekannt wurde, hatte das BfArM daraufhin Anfang 2020 seine Datenbank der genehmigten klinischen Studien geprüft und anschließend gezielt mehr als 1.100 Studienverantwortliche per Post angeschrieben, die ihrer Verpflichtung zur Veröffentlichung von Studienergebnissen nicht nachgekommen waren.
Was dann passierte? Die Initiative TranspariMED, die seit vielen Jahren auf die Probleme aufmerksam macht,1 hat nachgehakt und eine Aufstellung mit den Ergebnissen des Massenanschreibens erhalten.2
Endlich Ergebnisse
Und das ist überraschend positiv: In gut 90 Prozent der Fälle gab es eine Reaktion der Verantwortlichen. Einige korrigierten ihre Einträge in der Datenbank, weil Studien doch nicht durchgeführt worden waren. Andere vermerkten, dass die Studie noch nicht beendet sei oder bislang keine Patient:innen teilgenommen hätten. Und zu 900 Studien wurden schließlich Ergebnisse hinterlegt. Nach den derzeit gültigen Regeln sind allerdings nur rund 700 davon öffentlich zugänglich, auf die anderen haben nur die Zulassungsbehörden Zugriff.
Rückmeldungen fehlen bislang von 120 Studienverantwortlichen. Nach Auskunft des BfArM sollen diese demnächst nochmals angeschrieben werden.
Daumen hoch für behördliche Initiativen
Dass Zulassungsbehörden erheblichen Druck ausüben können, wenn sie die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel ausschöpfen, zeigen auch weitere Beispiele:
In den USA kann die zuständige Behörde FDA empfindliche Geldbußen für verspätete Ergebnisse verhängen. In den wenigen bekannten Fällen, in denen sie Studienverantwortlichen damit drohte, waren die Ergebnisse kurze Zeit später veröffentlicht. Rechtssicher steht diese Durchgriffsmöglichkeit europäischen Behörden erst Anfang 2022 zur Verfügung.
In Großbritannien hat die Aufsichtsbehörde für Gesundheitsforschung eine umfängliche Strategie entwickelt.3 Sie soll sicherstellen, dass Studien künftig ohne Ausnahme vorab registriert und die Ergebnisse unverzüglich veröffentlicht werden. Dazu gehört beispielsweise, dass die Behörde klinische Studien in Großbritannien nach der Genehmigung durch eine Ethik-Kommission automatisch ins Studienregister der Weltgesundheitsorganisation WHO einträgt. Automatische Erinnerungssysteme sollen Studienverantwortliche bei der Einhaltung der Fristen unterstützen.
Stand: 3. Februar 2022 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2022 / S.12