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Mango oder Eisbonbon?

Wie E-Zigaretten für junge Menschen attraktiv gemacht werden

Immer weniger Jugendliche und junge Erwachsene rauchen – aber dafür nimmt der Konsum von E-Zigaretten zu. Werbung in den sozialen Medien, getarnt als Lifestyle-Tipps, und auch leckere Aromen tragen dazu bei.

Zunächst die gute Nachricht: Immer weniger Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland rauchen, berichtete die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzGA) 2018 in einer Umfrage.1 Sowohl bei den 12- bis 17-Jährigen als auch bei den 18- bis 24-Jährigen ist der Anteil der Rauchenden insgesamt rückläufig.

Weniger positiv ist die Entwicklung bei E-Zigaretten und Wasserpfeifen: In den letzten Jahren rauchen immer mehr junge Erwachsene Wasserpfeife, mehr Jugendliche greifen zur E-Zigarette. Bei den 12- bis 17-Jährigen gaben zuletzt rund vier Prozent an, im vergangenen Monat mindestens einmal „gedampft“ zu haben, bei den 18- bis 25-Jährigen waren es deutlich über sechs Prozent. Wohlgemerkt: In Deutschland dürfen Jugendliche seit 2016 E-Zigaretten nicht mehr kaufen – und auch nicht in der Öffentlichkeit verwenden.

Auch in anderen Ländern nimmt der Konsum von E-Zigaretten zu.2 Möglicherweise ist der Anteil der regelmäßigen Nutzer aber deutlich niedriger als derjenigen, die E-Zigaretten nur kurzfristig ausprobieren. Das legen Zahlen aus Großbritannien nahe.3

Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde CDC warnt öffentlich,4 dass die Verwendung von E-Zigaretten für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene gesundheitlich nicht sicher ist, da die meisten dieser Produkte Nikotin enthalten. Nikotin macht stark abhängig. Und es kann die Entwicklung des jugendlichen Gehirns beeinträchtigen, denn dieser Reifungsprozess ist erst mit rund 25 Jahren abgeschlossen. Auch wenn die Zusatzstoffe in E-Zigaretten in Europa relativ streng reguliert sind, entstehen beim Verdampfen doch potenziell gesundheitsschädliche Substanzen, über deren langfristige Auswirkungen wir noch zu wenig wissen. Außerdem kursieren im Internet Anleitungen zum Selbstmischen von Füllungen (Liquids) für E-Zigaretten, die weitere ungeklärte Gesundheitsrisiken bergen.

Zum Lifestyle erklärt

Ein möglicher Auslöser für den vermehrten Griff zur E-Zigarette: Sie wird vor allem in den sozialen Medien als harmlose Alternative zur herkömmlichen Zigarette beworben und in Fotos und Videoclips als besonders stylish inszeniert. Das ergab eine Studie US-amerikanischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.5 Sie hatten 14.838 Bilder und Clips auf der Plattform Instagram analysiert, die mit der in den USA populären E-Zigarette Juul in Verbindung standen. Ein Drittel dieser Bilder stammte nicht von Privatpersonen, sondern hatte werblichen Charakter. Bei rund der Hälfte aller Posts fanden die Forscher und Forscherinnen Szenen aus dem Bereich Lifestyle oder andere für Jugendliche attraktive Inhalte.

Tabakwerbung wird von Jugendlichen wahrgenommen und beeinflusst ihre allgemeine Einstellung zum Thema Rauchen und das eigene Rauchverhalten, heißt es seitens der Stabsstelle Krebsprävention des Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Dies gelte umso mehr, je spezifischer die Ansprache von Jugendlichen ist, beispielsweise durch Idole und Influencer. Es sei davon auszugehen, dass ähnliche Mechanismen auch bei E-Zigaretten wirken.6

© Aleksandr Kondratov/ iStockphoto.com

Marketing im Graubereich

In der gesamten EU existiert bereits seit etwa zehn Jahren ein Tabakwerbeverbot im Internet. Seit 2016 gilt das auch für E-Zigaretten. Dies schließt ein Werbeverbot auf sozialen Medien eigentlich mit ein. Umso bedenklicher sei daher das Ergebnis der Instagram-Studie, bei der nur etwa ein Drittel der Posts als Werbung erkennbar war, kritisiert das DKFZ. Es existiere demnach ein Graubereich von indirekter und verdeckter Werbung, der als schwer zu regulieren gilt. Um das bestehende Tabakwerbeverbot zu umgehen, habe die Industrie längst neue Marketingkanäle aufgebaut, etwa auf Festivals oder auch im direkten Marketing via E-Mail.

Ein generelles Werbeverbot für E-Zigaretten ist laut DKFZ entscheidend, da die Werbung für die E-Zigaretten auch noch ausgenutzt wird, um indirekt Werbung für das Rauchen und damit auch von Tabak zu machen. E-Zigaretten, die mit süßlichen Geschmacksrichtungen und Düften locken, sollten in der aktuellen Debatte um das Tabakwerbeverbot nicht verharmlost werden. Es bestehe die Gefahr, dass Jugendliche durch Werbung in die Versuchung kommen, E-Zigaretten auszuprobieren, und schließlich auf andere Weise nikotinabhängig werden.6

Süßer Fruchtduft verleitet

Für diese These sprechen wissenschaftliche Untersuchungen. Sie zeigen, dass jugendliche Raucher aromatisierte E-Zigaretten bevorzugen – der Geschmack variiert je nach Alter und der Frage, ob zuvor schon gewöhnliche Zigaretten geraucht wurden. Die Fruchtaromen wurden dabei zudem als weniger schädlich empfunden als Tabakaroma.7

Eine systematische Auswertung der US-amerikanischen Wissenschaftsakademie bestätigte, dass Jugendliche, die E-Zigaretten rauchen, später häufig auch zur herkömmlichen Zigarette greifen. Für den Einstieg in die Nutzung von E-Zigaretten spielen einer Umfrage zufolge die Aromen eine wichtige Rolle, aber auch, dass Gleichaltrige und Prominente ebenfalls „dampfen“. Zum Vergleich: Für die USA liegen Zahlen vor, dass die meisten erwachsenen Nutzer von E-Zigaretten, die älter als 25 Jahre sind, zuvor regelmäßig herkömmliche Zigaretten geraucht haben – oft weil sie sich das Rauchen abgewöhnen wollen.8 Wie gut das tatsächlich funktioniert, werden wir demnächst in einem weiteren Beitrag beleuchten.

Seit Anfang 2020 sind in den USA bis auf wenige Ausnahmen aromatisierte Liquids bis auf Weiteres verboten. Sie könnten demnächst allerdings wieder auf den Markt kommen, wenn die Hersteller der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA ausreichende Daten zur Sicherheit der Produkte vorlegen.9 In Deutschland sind weiterhin Liquids mit diversen Aromen im Handel.

Ende Dezember 2019 kündigte Instagram übrigens an, zukünftig strenger zu kontrollieren, dass das Werbeverbot für E-Zigaretten auch in Form von Influencer-Marketing tatsächlich eingehalten wird.10 Wie konsequent das umgesetzt wird, muss sich allerdings noch zeigen.

Inhaltsstoffe E-Zigaretten
GPSP 6/2019, S. 12

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2020 / S.16

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