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Fußballweltmeisterschaft in Südafrika

Und immer wieder Schweinegrippe

Die Impfsaison ist vorbei, aber Unmengen von Schweinegrippeimpfstoffen – 24 bis 28 Millionen Impfdosen lagern in Deutschland noch in Kühlräumen – werden wohl ungenutzt verderben und weggeworfen werden müssen. Doch jetzt wird wieder für die Impfung geworben.

Die Schweinegrippe ist in Deutschland glücklicherweise glimpflich verlaufen. Wahrscheinlich sind in diesem Winter sogar weniger Menschen an den Folgen einer Virusgrippe gestorben als in den Jahren zuvor. Dies ist allerdings kein Erfolg behördlicher Vorsorgemaßnahmen, sondern auf die relativ wenig aggressiven Eigenschaften des Schweinegrippevirus (H1N1) zurückzuführen. Nur jeder Zehnte ließ sich überhaupt impfen. Für die beteiligten Pharmafirmen war die Saison dennoch ein gigantisches Geschäft, denn viele Länder kauften zig Millionen Impfdosen. Allein der Novartis-Konzern meldet einen Umsatzanstieg weltweit von 1,1 Milliarden Dollar aus Verkäufen des Schweinegrippeimpfstoffes und einen Reingewinn, der um die Hälfte angestiegen ist. 1

Das Eisen wird weiter geschmiedet. Experten empfehlen derzeit Fußballfans, die zur Weltmeisterschaft nach Südafrika fliegen, sich gegen Schweinegrippe impfen zu lassen.2,3 Zur Begründung reichen offensichtlich zwei Stichworte: Die Menschenmassen in den Fußballstadien und der Winter, der im europäischen Sommer in Südafrika herrscht. Ernstzunehmende Indizien, dass für Südafrika-Reisende die Impfung gegen Schweinegrippe sinnvoll ist, finden wir nicht.

Auch die „normale“ Grippeimpfung ist für Reisen nach Südafrika nur bedingt geeignet. Denn die derzeit noch bei uns angebotenen Winter­impf­stoffe entsprechen nicht den Emp­feh­lungen der Weltgesundheitsorga­ni­sation für den bevorstehenden Win­ter 2010 auf der Südhalbkugel. Die für dort empfohlenen Grippe­impf­stoffe entsprechen denen, die für die Nordhalbkugel erst für den Winter 2010/2011 produziert ­werden.

Wichtiger als zweifelhafte Kampag­nen für die Impfung gegen Schweinegrippe erscheint uns die Information über die Situation hinsichtlich AIDS und HIV-Infektion in Südafrika. Laut UNAIDS sollen dort 5,5 Millionen Menschen mit dem Immunschwächevirus HIV infiziert sein – das sind 11% der Bevölkerung – so viele wie in keinem anderen Land der Erde. Fast jede dritte Frau zwischen 25 und 34 Jahren ist HIV-positiv und jeder vierte bis sechste Mann in diesem Alter.4 Dennoch – oder vielleicht sogar deswegen – ist AIDS in Südafrika oft ein Tabuthema. Fußballtouristen sollten dieses hohe Risiko berücksichtigen und sich lieber zweimal überlegen, ob sie sexuelle Kontakte mit südafrikanischen Frauen und Männern suchen. Ein Kondom ist dann auf jeden Fall ein Muss.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 03/2010 / S.12