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Drei Fragen zu Gesundheits- und Medizin-Apps

Serie zur Digitalisierung der Medizin, Teil 3

Ersetzen Gesundheits- und Medizin-Apps auf dem Smartphone demnächst den Arztbesuch? Das suggerieren Slogans wie „Medizin für die Hosentasche“ oder „Deine Gesundheit in deinen Händen“. Doch wie gut sind diese Apps eigentlich? Können sie auch schaden? Und was passiert mit meinen persönlichen Daten? Wird das alles überhaupt überprüft? Um diese Fragen geht es im dritten Teil unserer Serie.

1. Was machen solche Apps eigentlich genau?
Gesundheits- oder Medizin-Apps können ganz verschiedene Funktionen haben. Eine offizielle Definition oder Abgrenzung gibt es bisher zwar nicht. Es erscheint aber sinnvoll, die Apps in zwei Gruppen einzuteilen:1 Gesundheits-Apps richten sich an Menschen, die Krankheiten und Beschwerden vorbeugen möchten. Sie sollen helfen, den Lebensstil gesundheitsförderlich zu gestalten oder ihn in diese Richtung zu verändern. Fitness-, Entspannungs- und Ernährungs-Apps gehören in diese Gruppe, aber auch Apps, die über Vorsorgemaßnahmen, wie etwa Impfungen, aufklären oder Gesundheitswissen anbieten, zum Beispiel in Form von Lexika.

Medizin-Apps hingegen richten sich an Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen. Sie sollen Menschen zum Beispiel darin unterstützen, chronische Krankheiten besser zu bewältigen. Manche haben eine Tagebuchfunktion, die dabei hilft, Beschwerden zu protokollieren. Migränegeplagte können beispielsweise erfassen, wann sie einen Migräneanfall hatten und was sie vorher getan haben, das möglicherweise den Anfall begünstigt hat. Manchmal ist diese Funktion kombiniert mit medizinischen Informationen, Entscheidungshilfen und Medikamentenplänen. Schon die Unterscheidung macht klar: Risiken der Apps können sehr unterschiedlich sein. Führt eine App etwa den Vitamin-C-Gehalt von Äpfeln falsch auf, ist das ärgerlich, aber nicht lebensbedrohlich. Berechnet eine App aber bei Diabetes den Insulinbedarf für eine Mahlzeit falsch, kann es gefährlich werden. Solche Unterschiede sollten sich auch in der Bewertung und Kontrolle niederschlagen.

2. Wie werden Gesundheits- und Medizin-Apps gesetzlich reguliert?
In der Theorie ist die Regulierung klar: Wenn Apps das Ziel haben, Krankheiten zu erkennen, zu verhüten, zu überwachen, zu behandeln oder zu lindern beziehungsweise zur Empfängnisverhütung eingesetzt werden, brauchen sie eine Art „Zulassung“ als Medizinprodukt.2 Allerdings liegt die Verantwortung für die richtige Einstufung beim Hersteller. Unserer Recherche nach gibt es derzeit keine systematischen Behörden-Kontrollen in den App-Stores, ob diese Regeln tatsächlich eingehalten werden.

Anders als bei Arzneimitteln gibt es bisher keine Nutzenbewertung von Apps, und nur für die wenigsten liegen tatsächlich systematische Untersuchungen vor.3 Die Folge: Bisher können sie nicht als gesetzliche Kassenleistung verordnet werden – auch wenn einige Krankenkassen die Kosten für bestimmte Apps als Satzungsleistung übernehmen.

Das könnte sich demnächst aber ändern. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat dazu in einem Gesetzesentwurf Vorschläge gemacht (siehe Kasten). Die sind teilweise aber höchst problematisch und fördern eher die Digitalwirtschaft, als dass sie den Nutzen für Patientinnen und Patienten im Blick haben.

Möglichkeiten, Gesundheits- und Medizin-Apps zu regulieren, wird derzeit auch international diskutiert.9 So schlägt etwa die britische Behörde zur Nutzenbewertung NICE vor, digitale Gesundheitstechnologien in vier Risikoklassen einzuteilen und Anforderungen an den Nachweis von Nutzen und Schaden entsprechend abzustufen. In der höchsten Risikoklasse gelten dann ähnlich strenge Anforderungen wie bei der Nutzenbewertung von Arzneimitteln. Dazu würden beispielsweise Apps zur Früherkennung von Hautkrebs gehören.

3. Worauf sollten Sie bei Gesundheits-Apps achten?
Wer in eigener Verantwortung Apps nutzt, sollte sich vorher genau über deren Nützlichkeit und mögliche Gefahren informieren.

Anhaltspunkte bieten etwa Tests von Verbraucherschutzorganisationen, allerdings sollte man sich die Kriterien genau ansehen. Eine Hilfestellung ist auch die Checkliste des Aktionsbündnisses Patientensicherheit.10 Damit lassen sich Zweck und Funktionalität, Qualität und Bewertung, Datenschutz und Datenzugriff, Herausgeber und Transparenz sowie Finanzierungsform und finanzieller Hintergrund checken. Beim Thema Datenschutz ist etwa wichtig zu prüfen, welche Daten überhaupt erhoben werden, wie und wo sie gespeichert werden und an wen der Anbieter sie weitergibt.

Allerdings kann es im Einzelfall sehr schwierig sein, Nutzen und Risiken bestimmter Apps zuverlässig einzuschätzen.

Zyklus-Apps
GPSP 5/2019, S. 8

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2019 / S.12