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Panikmache im Wartezimmer

Dieses Poster lag dem Deutschen Ärzteblatt bei. Mediziner sollen es in ihr Wartezimmer hängen.1 Auf den ersten Blick empfiehlt es nur, sich auf Hepatitis C testen zu lassen, weil diese chronische Infektion die Leber schädigen kann. Aber das Poster stammt vom Pharmaunternehmen Gilead, dem Anbieter des Hepatitis-C-Medikaments Harvoni®. Dass es sich hier um raffinierte Werbung handelt, verrät das Impressum auf der Rückseite des Posters. Diese „unsichtbare“ Seite ist an Ärzte adressiert und darf „aufgrund des Heilmittelwerbegesetzes (…) Patienten nicht zugänglich gemacht werden“. Denn öffentliche Werbung für rezeptpflichtige Medikamente ist verboten. Deshalb wirbt Gilead öffentlich nur für den Test auf Hepatitis C. Nirgendwo wird darauf hingewiesen, dass Hepatitis C selten ist (0,3% der Bevölkerung sind Virusträger).2

Versteckte Werbung des Pharmaunternehmen Gileads, dem Anbieter des Hepatitis-C-Medikaments Harvoni®
Bild: Gilead (2016) Praxis Poster. Beilage Deutsches Ärzteblatt Oktober 2016 (Ausgabe A)
  • Testen lassen? So erzeugt man im Wartezimmer Nachfrage. Die Posterrückseite empfiehlt Ärzten den Test für „jeden, der eine Untersuchung explizit wünscht“.
  • Es geht um mehr… Genau. Um mehr Profit. Der unverschämt hohe Preis der Therapie wird verschwiegen.
  • Übertragungsweg unbekannt? Angstmacherei, denn die Übertragung findet nur über Blut statt.
  • Unter Mitwirkung der Leberhilfe? Das Poster segelt unter falscher Flagge. Es stammt nicht von einer Patientenorganisation, sondern von Gilead.
  • Test sinnvoll? Ja, für bestimmte Risikogruppen. Alles andere ist Panikmache.

Harvoni® zur Behandlung von Hepatitis C enthält die Wirkstoffe Ledipasvir und Sofosbuvir. Die Kosten für eine Therapie belaufen sich auf etwa 67.000 €. Der Konzern Gilead hat Sofosbuvir nicht selbst entwickelt, sondern für knapp 10 Milliarden € eingekauft (GPSP 5/2014, S. 6). Diese Kosten waren in weniger als einem Jahr wieder eingespielt. Würden in Deutschland alle Virusträger mit dem neuen Hepatitis C-Medikament behandelt, würde das ein Drittel des Arzneimittelbudgets der Krankenkassen verbrauchen.3 Gilead hat 2015 einen Gewinn von 7,6 Milliarden € erwirtschaftet.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2017 / S.28