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©Mo Fayyaz / University of Wisconsin

Cimicifuga und Leberschäden: Wie eine Warnung zur Entwarnung wird

Die europäische Arzneimittelbehörde warnte kürzlich vor Leberschäden in Verbindung mit Präparaten aus der Traubensilberkerze (Cimicifuga).  Medikamente aus dieser Pflanze werden oft als „alternative“ Mittel bei Beschwerden der Wechseljahre angewendet. Weltweit gibt es etwa 50 Berichte zu Leberschäden.

Die europäische Behörde bewertet vier Berichte (davon zwei mit schwerer Hepatitis, einer mit Leberzellschaden und einer mit akutem Leberversagen) als gut dokumentiert und sieht einen deutlichen zeitlichen Zusammenhang mit der Therapie.1 Zwei Patientinnen sind so stark betroffen, dass sie eine Lebertransplantation benötigen. Auch die australische und kanadische Behörde raten den Verbraucherinnen zur Vorsicht bei Cimicifuga-Produkten.2,3

Anders will das Komitee Forschung Naturmedizin e.V. (KFN) die Datenlage interpretiert sehen: In letzter Zeit habe es „einige Meldungen über mögliche Leberschäden nach Einnahme von Traubensilberkerze (Cimicifuga)” gegeben, teilt das KFN in einer Pressemeldung mit: Die europäische Arzneimittelbehörde (EMEA) habe „deshalb kürzlich die vorliegenden Daten ausgewertet und Entwarnung gegeben“.4

Eine Quelle für die angebliche Entwarnung ist in der Mitteilung nicht erwähnt. Auf Anfrage nennt das KFN dieselbe Mitteilung der europäischen Behörde, die wir oben zitiert haben. Die Schlussfolgerung dieser Behörde lautet aber: „Zusammenfassend ist die Verbindung von Kräuterarzneimitteln mit Cimicifugae racemosae rhizoma (Traubensilberkerze) und Leberschädlichkeit als Signal zu interpretieren. Das Komitee für Kräuterarzneimittel der EMEA will die Öffentlichkeit auf schwerwiegende Leberschäden aufmerksam machen, die bei Patienten auftreten können, die Kräuterarzneimittel mit Cimicifugae racemosae rhizoma verwenden“.1

Mit seiner so genannten Entwarnung verkehrt das Komitee Forschung Naturmedizin e.V. also den Zweck der Behördenmitteilung ins Gegenteil. Im Kuratorium dieses Vereins finden sich nach Eigenangaben „die führenden deutschen Natur­heil­mittelhersteller“.5 Der Vor­sitzende des Vereins ist im Übrigen Chef der Bionorica GmbH, die unter anderem Cimicifuga-Präparate (Klimadynon®) vertreibt. Wen wundert da noch die irreführende Darstellung? Unter dem Deckmantel eines anscheinend der Wissenschaft verpflichteten Vereins wird Politik im Sinne der Kräutermittelhersteller betrieben, Risiken werden heruntergespielt.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2006 / S.01