Zum Inhalt springen
©Kai Velling

Tauchen – aber sicher!

Wie ein Vogel zu fliegen oder wie ein Fisch in die Tiefen des Meeres abzutauchen, das fasziniert Viele. Aber während die Hürden zum Pilotenschein hoch sind, sind sie beim Tauchschein eher niedrig. GPSP informiert über die Anforderungen an den menschlichen Organismus und grundlegende Sicherheitsaspekte beim Tauchen.

In Deutschland gehen 200.000 Menschen regelmäßig tauchen. Im Urlaub sollen zwischen zwei und fünf Millionen „abtauchen“. Der Mensch ist für längeres Tauchen nicht gemacht, denn er muss in kurzen Abständen atmen. Um seinen Aktions radius auszudehnen, braucht er technische Hilfsmittel.

Luftholen unter Wasser

Schon im 18. Jahrhundert kam man auf die Idee, Taucher über Schlauchsysteme mit Atemluft zu versorgen. Dabei fiel auf, dass die Atemluft je nach Wassertiefe unter höherem Druck stehen muss als an der Wasseroberfläche. Die Evolution hat den Bau des Brustkorbs und die Kraft der Einatmungsmuskulatur für den Umgebungsdruck an Land von ca. 1 bar optimiert. Ein deutlich höherer Umgebungsdruck, wie er unter Wasser herrscht, behindert insbesondere das Einatmen, weil Bauch und Brustkorb zu stark zusammengepresst werden. Unter Wasser auszuatmen ist problemloser.

Außerdem: Mit steigendem Druck verdichten sich alle Gase, auch die Atemluft, die zu 80% aus Stickstoff und zu 20% aus Sauerstoff besteht. Das heißt, ihr ursprüngliches Volumen bei 1 bar an der Wasseroberfläche nimmt durch den höheren Umgebungsdruck unter Wasser ab (Kompression).

Scuba-diving

Mit modernen Tauchgeräten (Scuba-diving) lässt sich recht unkompliziert unter Wasser atmen: Die für einen etwa einstündigen Tauchgang benötigte Atemluft trägt der Taucher in einer 8-12 Liter großen Metallflasche auf dem Rücken. Die Tauchflaschen sind mit Luft unter hohem Druck befüllt (z.B. 200 bar; das entspricht einem Vorrat von 1.600-2.400 Litern Atemluft). Ein „Druckminderer“ und ein technisch ausgeklügeltes Gerät, der „Lungenautomat“ oder „Atemregler“, sorgen dafür, dass je nach Wassertiefe die Atemluft automatisch mit dem richtigen Druck angeboten wird.

Gase lösen sich in Flüssigkeiten, je höher der Druck ist, umso mehr. Wer mit einer Scuba-diving-Ausrüstung taucht, für den steigt mit größerer Wassertiefe auch automatisch der Druck der angebotenen Atemluft. In der Lunge werden die Atemgase unter diesem Druck an das Blut weitergegeben und in die Gewebe transportiert. Mit größerer Tauchtiefe lösen sich mehr Stickstoff und Sauerstoff im Blut und in den Geweben. Beim Auftauchen geschieht das Umgekehrte (siehe Dekompressionskrankheit).

Druckausgleich erforderlich

Der Nasenrachenraum und das Mittelohr sind luftgefüllte Hohlräume, die durch die enge Ohrtrompete miteinander verbunden sind. Das Mittelohr ist durch das Trommelfell nach außen hin abgeschlossen. Den erforderlichen Druckausgleich zwischen diesen Höhlen und dem Außendruck erreichen Taucher, indem sie die Nasenlöcher durch die weiche Tauchmaske hindurch zudrücken und kurz pressen (also ausatmen), bis es im Ohr knackt. Dann besteht an der Innen- und Außenseite des Trommelfells der gleiche Druck. Gelingt beim Abtauchen der Ausgleich nicht, kann es zu Schmerzen und Verletzungen des Trommelfells und der Nasennebenhöhlen kommen. Um dies zu vermeiden, muss man eventuell wieder etwas auftauchen, manchmal sogar bis an die Wasseroberfläche.

©Dietrich von Herrath

Tauchtauglichkeit prüfen

Wer im Urlaub tauchen lernen möchte, sollte sich unbedingt bereits in Deutschland auf seine Tauchtauglichkeit untersuchen lassen.1 Auch erfahrene Taucher und Taucherinnen sind gut beraten, sich vor Tauchreisen von einem Taucharzt durchchecken zu lassen.

Neben der allgemeinen körperlichen Untersuchung prüft der Arzt Lungenfunktion, Puls und Blutdruck, Ruhe- und gegebenenfalls Belastungs- EKG. Durch die Ohrenspiegelung stellt er fest, ob beide Trommelfelle dicht sind – eine unbedingte Voraussetzung für das Tauchen.

Die Bezeichnung „Taucharzt“ ist keine Facharztbezeichnung. Jeder deutsche Arzt darf sich so nennen und wird 80 – 120 € für die Tauchtauglichkeitsprüfung berechnen (keine Leistung der Krankenkassen).

Prüfung auf Tauchtauglichkeit:2  unter 40 Jahre alle 2 Jahre, über 40 Jahre jährlich

Tiefenrausch

Wer tiefer als 35 m mit Druckluft und Atemregler taucht (Scuba-diving), riskiert einen Tiefenrausch. Der kann allerdings je nach körperlicher Verfassung auch schon ab 20 m eintreten. Eingeschränktes Urteilsvermögen, Angst, aber auch Euphorie sind typische Kennzeichen. Der unter dem höheren Druck in Blut und Geweben vermehrt gelöste Stickstoff und Sauerstoff spielen dabei eine wesentliche Rolle.

Vorübergehender Schwindel

Einer von fünf Tauchern leidet gelegentlich unter Drehschwindel.3 Ausschlaggebend ist das Gleichgewichtsorgan, das permanent die Ausrichtung des Körpers im Raum misst. Seine Messzentrale, die drei Bogengänge, liegen nah am Mittelohr und sind mit dem Innenohr verbunden. Es gibt mehrere Gründe für Schwindel:

Bei manchen Menschen ist die Empfindlichkeit von linkem und rechtem Gleichgewichtsorgan unterschiedlich gut. Was im Alltag durch Seh- und Tastsinn kompensiert wird, gelingt im Wasser oft nicht optimal. Im Notfall ist es hilfreich, sich auf einen festen Punkt wie Tauchcomputer oder Kompass zu konzentrieren. Später sollte nach den Gründen gesucht werden: Zum Beispiel können schlecht eingepasste Korrekturgläser in der Taucherbrille die Ursache sein.

Auch Druckunterschiede zwischen linkem und rechtem Mittelohr können Drehschwindel verursachen. Sie entstehen am ehesten beim Auftauchen, wenn auf der einen Seite der Druckausgleich besser gelingt als auf der anderen. Das passiert, wenn zum Beispiel eine Ohrtrompete durch Sekret (Schnupfen) schlechter luftdurchgängig ist. Ein Risiko für Drehschwindel sind auch gereizte Schleimhäute durch kalte trockene Atemluft (Klimaanlagen) sowie eine zu enge Halsmanschette beim Trocken-Tauchanzug.

Einige Taucher empfinden eine Art „Seekrankheit“ mit Schwindel und Übelkeit. Bei ihnen ist die Verrechnung von Informationen von Sehsinn und Gleichgewichtsorgan im Gehirn gestört. Auch wenn plötzlich kälteres Wasser in den Gehörgang dringt, kann das Schwindel auslösen.

Trommelfellriss

Gelingt beim Abtauchen der Druckausgleich nicht, wird das Trommelfell stark nach innen gedrückt. Dabei kann es einreißen, was einen stechenden Schmerz verursacht. Ein Grund, den Tauchgang sofort abzubrechen. Beim Auftauchen kann ebenfalls ein unzureichender Druckausgleich Probleme bereiten. Besteht ein Verdacht auf Trommelfellriss, sollten Sie unbedingt einen Ohrenarzt oder eine Ohrenärztin aufsuchen.

Innenohr- oder Mittelohr-Barotrauma

Zu bleibenden Schäden im Innen- oder Mittelohr kann es kommen, wenn durch hohe Druckunterschiede die Membranen zwischen Mittel- und Innenohr reißen und Innenohrflüssigkeit ausläuft. Es kommt zu Hörverlust, Drehschwindel oder Ohrensausen. Soforthilfe: flach lagern (mit erhöhtem Kopf ) und sich zügig an einen Hals-Nasen-Ohrenarzt wenden. Bettruhe fördert die Heilung.

Lungen-Barotrauma

Wird beim Auftauchen nicht genug ausgeatmet oder der Atem fälschlicherweise sogar länger angehalten, kann die Lunge überbläht werden und reißen. Das passiert vor allem, wenn Taucher zu schnell aufsteigen. Dies ist ein Notfall, der nach dem Auftauchen sofortiger ärztlicher Hilfe an Land bedarf!

Dekompressionskrankheit

Beim Abtauchen lösen sich vermehrt Stickstoff und Sauerstoff durch den steigenden Druck im Blut und in den Geweben (s.o.). Beim langsamen Auftauchen machen die Gase den umgekehrten Weg und gelangen – bei langsamer Dekompression – problemlos wieder in die Lunge und werden abgeatmet.

Ein zu schneller Aufstieg lässt vermehrt winzige Gasblasen entstehen, wie bei einer rasch geöffneten Seltersflasche. Sie verbleiben zunächst im Gewebe oder werden mit dem Blutkreislauf verteilt. Es kommt zur Dekompressionskrankheit mit Schmerzen und Juckreiz („Taucherflöhe“), wenn diese Gasbläschen in der Muskulatur, in Gelenken, Knochen und der Haut feststecken. Gefährlicher sind Bläschen, die mit dem Blutkreislauf in das linke Herz gelangen und zum Gehirn transportiert werden. Sie können in kleinen Blutgefäßen den Blutstrom blockieren und Durchblutungsstörungen oder sogar Gefäßverschlüsse verursachen, die Atemstörungen, Bewusstseinstrübung, Bewusstlosigkeit, Lähmungen, Krämpfe und Schlaganfall zur Folge haben können.4 Moderne Tauchcomputer helfen, solche Tauchunfälle zu vermeiden. Sie zeigen dem Taucher nicht nur ständig die Tauchtiefe an, sondern auch, ob er beim Aufstieg in einer bestimmten Wassertiefe einen „Dekomprimierungsstopp“ einlegen muss.

Im Fall schwerer Dekompressionskrankheit ist eine Behandlung in der Druckkammer sehr dringlich. Steht diese Möglichkeit nicht sofort zur Verfügung, müssen die Helfer dem Taucher zunächst reinen Sauerstoff unter normalem Druck geben. Sofern die Gewebeschäden nicht zu groß sind und die Druckkammer rasch erreicht wurde, kann der Taucher oder die Taucherin wieder völlig gesunden.

Druckkammer

Bei schwerer Dekompressionskrankheit muss der Taucher oder die Taucherin in eine Druckkammer, in der zunächst der Luftdruck erhöht wird, um den Druck unter Wasser nachzuahmen. Ganz allmählich und wie bei einem vorschriftsmäßigen, sehr langsamen Auftauchen wird dann der Druck wieder gesenkt. Dadurch kann der problematisch hohe Stickstoffgehalt im Blut und in den Geweben langsam abgebaut werden. Leider stehen funktionierende Druckkammern nicht in jeder Tauchregion gut erreichbar zur Verfügung.

Kinder und Tauchen

Ärzte warnen: Kinder sollten erst ab 12 Jahren mit dem Gerätetauchen beginnen, da ihre körperlichen und psychischen Voraussetzungen vorher nicht ausreichen.5 Die kalt-trockene Pressluft aus den Tauchflaschen kann die Bronchien schädigen oder sogar zu einem Lungenriss führen. Außerdem ist bei Kindern der Druckausgleich erschwert, da ihre Ohrtrompeten enger sind als bei Erwachsenen.

Auf jeden Fall sollten Eltern vor Beginn eines Tauchkurses die Tauchtauglichkeit ihres Kindes prüfen lassen. Hilfreich ist es, wenn Kinder unter Aufsicht zunächst das Schnorcheln lernen und spielerisch üben, ohne Atemgerät zu tauchen (Apnoe-Tauchen).

Kinder bzw. Jugendliche unter 14 Jahren dürfen nur unter Leitung eines für sie persönlich zuständigen erfahrenen Tauchers tauchen. Hierbei sind besonders schwierige Tauchgänge, z.B. Tauchen unter Eis, in großen Tiefen, bei starker Strömung oder sehr schlechter Sicht zu unterlassen.

Wenn der Urlaub zu Ende ist

Es ist ratsam, nach dem letzten Tauchgang und vor einem Rückflug mindestens einen Tag Pause einzulegen, damit das in den Geweben und im Blut noch vermehrt gelöste Gas vor dem Flug weitgehend abgebaut ist. Wer tief und oft getaucht ist, sollte sogar zwei tauchfreie Tage einplanen. Der niedrigere Umgebungsdruck im Flugzeug kann sonst zu Dekompressionsbeschwerden führen, weil aus den Stickstoff -Resten im Gewebe erneut die gefährlichen Gasbläschen entstehen und im Körper zirkulieren können.

Wer sollte nicht tauchen?

  • Jeder, der eine akute Atemwegserkrankung (auch Schnupfen!) oder akute Lungenerkrankung hat,
  • Asthmatiker, die auf Kortikoide und bronchienerweiternde Mittel angewiesen sind,
  • Menschen mit Lungen- und Zwerchfellerkrankungen, besonders bei eingeschränkter Lungenfunktion,
  • Schwangere,
  • Diabetiker, die nicht stabil eingestellt sind,
  • Patienten mit unzureichend eingestelltem Bluthochdruck,
  • Herzkranke und Herzoperierte.
  • Wer bereits eine Dekompressionskrankheit oder ein Barotrauma hatte, muss sich von einem spezialisierten Arzt beraten lassen.
  • Das gleiche gilt auch für eine Reihe von Medikamenten, die beim Tauchen – ähnlich wie im Straßenverkehr – besondere Risiken haben. Wir werden in einer der nächsten Ausgaben von GPSP darüber informieren.

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2013 / S.04