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Sitzstreik: Von den Nebenwirkungen des Sitzens

Sitzstreik
Carmen Jochem und Michael Leitzmann (2018) Sitzstreik. Tipps und Tricks gegen die Risiken des Sitzens. Freiburg: Herder. 207 S., 20,00 €, eBook 14,99 €

„Wir sitzen im Auto, in der Arbeit, auf dem Sofa. Spätestens mit dem Schuleintritt lernen wir, stundenlang ruhig zu sitzen. (…) Na und?, denken Sie, Sitzen ist doch bequem. Leider versteckt sich dahinter eine unbequeme Wahrheit: Zu viel Sitzen kann nämlich krank machen!“ So steigen Carmen Jochem und Michael Leitzmann in die Thematik ihres Buches ein. Auch wenn die Autoren ausgewiesene Fachleute sind – Prof. Michael Leitzmann ist Direktor des Instituts für Epidemiologie und Präventionsmedizin an der Universität Regensburg und Dr. med. Carmen Jochem dort wissenschaftliche Mitarbeiterin – gehen die beiden die Nebenwirkungen des Vielsitzens recht launig an. Karikaturen, Illustrationen, kurze Fragebögen und Anleitungen zu kleinen praktischen Übungen lockern das Ganze zusätzlich auf.

Im ersten Kapitel geht es um die Kulturgeschichte des Sitzens, und man erkennt schnell, dass der Mensch noch gar nicht so lange zum Dauersitzer mutiert ist. Und dass Sitzen auch etwas mit Status – und Disziplinierung zu tun hat.

Dann geht es unvermeidlich um die negativen Auswirkungen des ausgiebigen Sitzens. Dazu gehört ein höheres Risiko, Übergewicht zu entwickeln, an Diabetes zu erkranken, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden. Sogar manche Krebsarten treten häufiger auf. Und für Knochen und Gelenke ist die Vielsitzerei auch nicht optimal. Warum das so ist, erklären die beiden Autoren gut verständlich.

Die gute Nachricht gleich hinterher: Für mehr Gesundheit müssen Sie nicht sofort ein Supersportler werden. Schon wenn Sie alle halbe Stunde für fünf Minuten vom Schreibtisch aufstehen, macht das einen deutlichen Unterschied.

Das Kapitel „Wie wir wieder auf die Beine kommen“ bietet für alle Lebensbereiche eine Vielzahl von Tipps, damit wir uns ohne viel Aufwand mehr bewegen. Die Frage ist, wie wir die unvermeidliche sitzende Zeit weniger schädlich verbringen oder kompensieren können. Das fängt beim Weg zur Arbeit an: Wie wäre es, mal aufs Rad umzusteigen? Eine Bushaltestelle früher auszusteigen oder das Auto nicht direkt vor dem Büro zu parken und den Rest des Wegs zu Fuß zu gehen? Auch am Arbeitsplatz selbst gibt es viele Möglichkeiten, in Bewegung zu kommen. Schon wenn der Drucker so weit weg steht, dass man aufstehen muss, um ans Papier zu kommen, ist etwas gewonnen. Und wer nach getaner Arbeit zu Hause nicht gleich zur TV-Fernbedienung greift und sich aufs Sofa fallen lässt, tut sich auch etwas Gutes. Dies ist nur eine kleine Auswahl der zahlreichen praxisnahen Vorschläge.

Schließlich macht ein kurzes Kapitel deutlich, dass leider nicht alles in der eigenen Hand liegt. Schon in der Schule müssen Strukturen geschaffen werden, damit Kinder nicht den ganzen Vormittag auf dem Stuhl sitzen. Im Büro etwa muss Ihre Chefin oder Ihr Chef mitziehen, wenn Sie im Büro beweglicher werden möchten. Wo es keine sicheren Radwege gibt, ist der Umstieg aufs Fahrrad möglicherweise mit anderen Risiken verbunden.

Nicht alles, was die Buchautoren vorschlagen, kann auch jeder umsetzen. Aber der eine oder andere Tipp passt sicher in Ihren Alltag und kann nützlich sein. Auch wenn einen beim Lesen manchmal das schlechte Gewissen zwickt, insgesamt ist das Buch eine vergnügliche und in Bewegung setzende Lektüre. Und vielleicht testen Sie auch gleich mal aus, wie es ist, im Stehen zu lesen.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2019 / S.16