Traditionelle Heilmittel
Neue Regeln, wenig Neues
Eine Neuregelung zum Verkauf der sogenannten traditionellen Heilmittel soll für mehr Klarheit im europäischen Markt sorgen. Obwohl Proteste von Heilpraktikern und einigen Anbietern von Kräutermitteln in den letzten Monaten hohe Wellen schlugen, wird sich für die Verbraucher in Deutschland nicht viel ändern.
„Wird es 2011 kaum noch traditionelle Heilmittel geben?“ fragt sich eine Bloggerin im Internet. Eine an den Bundestag gerichtete Petition spricht gar von einem „Verbot von Heilpflanzen“.1 Anlass der Aufregung ist eine EU-Richtlinie zu traditionellen pflanzlichen Heilmitteln, die bis zum 30. April 2011 umgesetzt werden musste.2
Eine Kontrolle des Arzneimittelmarktes ist im Interesse der Patienten. Deshalb gibt es klare Regeln für die Hersteller: Wer ein Arzneimittel verkaufen möchte, muss Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit nachweisen.3 Für traditionelle Heilmittel wurde das bisher in Europa sehr unterschiedlich gehandhabt, weshalb eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2004 Klarheit schaffen sollte. Die Firmen hatten sieben Jahre Zeit, den Nachweis zu bringen, dass ihre Produkte den Vorschriften entsprechen. Dazu müssen sie Unterlagen zu Wirksamkeit und Sicherheit einreichen und eine Registrierung beantragen. Bei der Registrierung müssen Qualität und Unbedenklichkeit der Produkte belegt werden. Für traditionelle pflanzliche Arzneimittel, die bereits mindestens 30 Jahre verwendet werden (davon mindestens 15 Jahre in der Europäischen Gemeinschaft), gilt allerdings ein vereinfachtes Verfahren. Hier genügt der Nachweis, dass „die Wirksamkeit … aufgrund langjähriger Erfahrung plausibel“ sei.2 Das ist ein wichtiger Unterschied zur Zulassung anderer Arzneimittel, für die Ergebnisse aus klinischen Studien vorzulegen sind. Was bis zum 30. April 2011 nicht registriert wurde, darf nun jedenfalls nicht mehr verkauft werden. Die Befürchtung, dass vor allem kleine Hersteller das Registrierungsverfahren nicht bewältigen könnten, hat sich offenbar nicht bewahrheitet. Nach Angaben des zuständigen Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte wurden etwa 2.300 Produkte nach dem neuen Verfahren registriert, nur eine geringe Zahl wird vom Markt verschwinden.4 Für den deutschen Markt wird sich also (im Unterschied zu anderen europäischen Ländern) nicht viel ändern. Das ist bedauernswert, denn so bleiben viele Produkte auf dem Markt, deren Wirksamkeit nicht belegt, sondern allenfalls „plausibel“ ist.
Stand: 1. Juni 2011 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 03/2011 / S.14