Multiple Sklerose: Was bringt das Coimbra-Protokoll?
Warum Fachleute von Hochdosis-Vitamin-D abraten
Die Befürworter nennen es „Coimbra-Protokoll“: Bei dieser Behandlungsstrategie für Menschen mit Multipler Sklerose (MS) nehmen die Betroffenen exzessiv hohe Dosierungen von Vitamin D ein, bis zu 150.000 Internationale Einheiten (I.E.) pro Tag.1 Profitieren MS-Patient:innen von der Mega-Dosis? Das ist nicht belegt.
Auch die Theorie hinter dem Behandlungsansatz entbehrt jeglicher wissenschaftlicher Grundlage: Autoimmunerkrankungen wie eine MS entstünden durch eine Vitamin-D-Resistenz, die nur durch Hochdosierungen zu überwinden sei. Hinzu kommen Sicherheitsbedenken: So gibt es zahlreiche Fallberichte über Nierenschäden bei Vitamin-D-Überdosierungen, darunter auch einige bis hin zum Nierenversagen bei MS-Patient:innen. Bei ihnen scheinen auch die aufwändigen Ernährungsvorschriften nicht geholfen zu haben, die das Coimbra-Protokoll vorsieht: Die Patient:innen müssen eine streng calciumarme Diät einhalten, dafür etwa auf Milch, Käse, Nüsse und Sardinen verzichten, und gleichzeitig mindestens 2,5 Liter pro Tag trinken.
Wegen der bekannten Risiken müssen MS-Patient:innen in den behandelnden Arztpraxen unterschreiben, dass sie der Behandlung „auf eigenen Wunsch und eigenes Risiko“ zustimmen. Das arznei-telegramm rät wegen fehlender Belege für einen Nutzen und gravierender Risiken dringend von einer Behandlung nach dem Coimbra-Protokoll ab.2
Stand: 28. August 2023 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2023 / S.14