Neu = besser ? Vom IQWiG bewertet
Kommt in Deutschland ein neues Arzneimittel auf den Markt, ist es in der Regel vom IQWiG bewertet. Das gilt seit 2011 für nahezu alle neu zugelassenen Medikamente. Die zentrale Frage ist: Bringt es einen Zusatznutzen im Vergleich zu Medikamenten, die bereits am Markt sind? Ist es also besser, als das, was wir haben? Das Ergebnis der Bewertung ist für die Kostenerstattung der Krankenkassen maßgeblich.
Jetzt hat das IQWiG-Team um Beate Wieseler eine ernüchternde Bilanz der siebenjährigen Bewertungsarbeit gezogen:3,4 Nur ein Viertel der 216 bewerteten Mittel hat einen erheblichen oder beträchtlichen Zusatznutzen. Bei zwei Dritteln lassen die Studiendaten keinen Mehrwert erkennen oder sie waren sogar schlechter als das, was Ärzte bereits zuvor verordneten.
Bei neuen Krebsmedikamenten wurde gerade einmal 48 von 82 Präparaten ein Zusatznutzen bescheinigt. Bei Diabetesmitteln waren es sogar nur 4 von 24. Besonders miserabel schnitten Psychopharmaka ab: Nur einem von 18 wurde ein Zusatznutzen attestiert.
Bei der großen Gruppe von Arzneimitteln, denen kein Zusatznutzen zugesprochen wurde, spielen zwei wichtige Faktoren eine Rolle: Oft wurde in den Studien, die das IQWiG ausgewertet hat, das neue Präparat nur mit einer Placebo-Behandlung verglichen und nicht mit der etablierten Standard-Behandlung. Oder für den Vergleich wurde ein ungeeignetes Medikament ausgewählt. In beiden Fällen sagt das Studienergebnis nichts darüber aus, ob das neue Mittel besser wirkt als das, was bisher schon verwendet wurde.
Die Analyse des Teams um Beate Wieseler bestätigt das enttäuschende Bild, das Wissenschaftler seit Jahren kritisieren: Nur ein Bruchteil der neu zugelassenen Arzneimittel bringt für die Patientinnen und Patienten einen spürbaren zusätzlichen Nutzen gegenüber den Medikamenten, die es bereits gibt. Dass die neuen Mittel trotzdem oft extrem teuer sind, ist ein Skandal.
Stand: 30. Oktober 2019 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2019 / S.14