Krebs rückgängig machen?
Warnung vor Ukrain
„Krebs kann rückgängig gemacht werden“,1 verspricht das ukrainische Institut für Krebsbekämpfung und weckt Hoffnungen. Und wer schwer erkrankt ist, ist besonders anfällig für Botschaften, die Heilung auch in ausweglosen Situationen versprechen.
Das nach der Heimat des Patentinhabers und Gründers des oben genannten Instituts J.W. Nowicky benannte „Krebsmittel“ Ukrain enthält eine Mischung aus Bestandteilen des Schöllkrauts und der chemischen Substanz Thiotepa. Zur genauen Zusammensetzung macht der Vertreiber selbst unterschiedliche Angaben. Ukrain ist weder in Deutschland noch in der übrigen Europäischen Union als Arzneimittel zugelassen. Zulassungsversuche scheiterten, da die Firma Nowicky Pharma (mit wechselndem Geschäftssitz, derzeit Lviv, Ukraine, Österreich oder Vereinigte Emirate) die wissenschaftlichen Belege nicht beibringen konnte, die für derartige Anträge erforderlich sind. Eine frühere Zulassung in der Ukraine ruht seit 2011. Dennoch wird Ukrain bei uns in großen Mengen gehandelt. Dabei ist der Import des Mittels verboten und die Abgabe von nicht zugelassenen Arzneimitteln in Deutschland eine Straftat.2
Die Wirksamkeit von Ukrain ist nicht wissenschaftlich nachgewiesen. Darauf wird seit mehr als zwei Jahrzehnten immer wieder hingewiesen.3,4,5 Werbezitate wie „Ukrain könnte Chemotherapien bei der Behandlung fast aller Krebsarten ersetzen“,1 sind unverantwortlich, ja geradezu kriminell. Solche Behauptungen können Patienten gefährden, wenn sie deshalb eine Therapie mit wirksamen Arzneimitteln absetzen oder gar nicht erst beginnen. Eine Erkrankung, die sich mit etablierten Krebsmitteln behandeln lässt, kann sich so vielleicht sogar unumkehrbar verschlimmern.
Für viele etablierte Krebstherapien können Ärzte auf der Basis zuverlässiger Studien angeben, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Behandlung Erfolg hat. Immerhin kann die Hälfte aller Krebspatienten inzwischen geheilt werden.6 Bisweilen sind die Heilungschancen allerdings gering. Gerade dann werden unkontrollierte und dubiose Mittel wie Ukrain zum Strohhalm, nach dem mancher greift – auch wenn für den Nutzen keine wissenschaftlichen Daten vorliegen.
Geschäft mit der Angst
Anbieter angeblicher Krebsmittel wie Ukrain oder Galavit (GPSP 2008/05, S. 10) beuten gezielt die Angst von Schwerkranken und ihre Hoffnung auf Heilung aus. Die Behandlung mit Ukrain kann mehrere zehntausend Euro kosten und Familien in den Ruin treiben. Die deutsche Arzneimittelbehörde BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) stuft Ukrain als bedenkliches Produkt ein, weil es bei der vom Anbieter vorgesehenen Anwendung „schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen“. Das Institut warnt dringend vor der Anwendung.2 Empörend ist, dass sich mit einem ungeprüften Mittel jahrzehntelang Geschäfte machen lassen auf Kosten und zum Schaden Schwerkranker. Die zuständigen Länderbehörden können oder wollen die illegale Vermarktung, die über das Ausland und über das Internet stattfindet, offensichtlich nicht unterbinden.
Stand: 1. April 2012 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 02/2012 / S.14