Jede Menge Auftraggeber
Irgendwie können sie einem leidtun, die Ärztinnen und Ärzte. All die ansprechenden Mitbringsel von Tagungen oder so genannten Fortbildungsveranstaltungen sind einerseits erlaubt, anderseits werden sie ihnen von kritischen Kollegen madig gemacht. Die nennen sich „Mein Essen zahl ich selbst“ (MEZIS)1 und meinen damit nicht nur das Essen.
Sollen Mediziner etwa bei Ärztekongressen die Stifte, Notizzettel, Schlüsselanhänger und Speicher-Sticks mit Firmenlogo links liegen lassen, wo sie doch in der Arztpraxis wirklich praktisch sind?2,3 Auch die publizierenden Mediziner sind völlig verwirrt: Mal sagen sie zu wenig, mal zu viel über ihre Interessenkonflikte. Überall Schelte, niemandem macht man es recht.
Ordentliche Medizinzeitschriften verlangen, dass Autoren am Ende ihres Artikels aufschreiben, wer ihnen schon mal ein Hotelzimmer, Kongressgebühren oder einen Vortrag bezahlt hat. Das machen Pharmaunternehmen. Wer sonst? Ist das ein Aufreger? Müssen wir das alles „en detail“ wissen? Sollen Ärzte lange Listen führen, damit sie nicht vergessen, wer ihnen schon mal finanziell unter die Arme gegriffen hat? Eigentlich haben unsere Ärztinnen und Ärzte doch Besseres zu tun…
Das denken sicher jene Ärzte, die sich mit dem Firlefanz gar nicht aufhalten. Sie lassen die Erklärerei von Interessenkonflikten lieber ganz.4 Mit einer ellenlangen Aufzählung ihrer Aktivitäten plustern sich andere geradezu auf, wie zuletzt in einem Fortbildungsartikel im Deutschen Ärzteblatt.5 Nehmen wir gleich den ersten Autor: Er „erhielt Honorare für eine Beratertätigkeit von Lilly, Lundbeck, Ono, Otsuka und Pfizer. Erstattungen für Kongresse erhielt er von Servier und Pfizer. Für die Vorträge auf wissenschaftlichen Fortbildungsveranstaltungen wurde er von AstraZeneca, Boehringer-Ingelheim, Glaxo, Jannssen, Lilly, Lundbeck, Ono, Pfizer, Servier und Wyeth honoriert.“
Na und? Das bestätigt mal wieder, was viele Ärzte schon lange sagen: Ich arbeite doch nicht nur für einen Auftraggeber, sondern für jede Menge. Interessenkonflikte habe ich nicht. Das nivelliert sich aus … . Aber: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing! Schade nur, dass nicht der Deutsche Chorverband die Doktores sponsert. Wir würden sonst im Deutschen Ärzteblatt vielleicht weniger über Medikamente und mehr über die befreiende, ja angstlösende Wirkung des Singens lesen.
Stand: 1. August 2013 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2013 / S.18