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© stock_colors/iStock

Alte Bekannte und dennoch neu

Das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic1 warnte kürzlich dringend vor der Einnahme von Schlankheitspräparaten und anderen im Internet als natürlich beworbenen Produkten, insbesondere aus dem asiatischen Raum. Sie werden als Tee, Instantgetränke oder „natürliche“ Kapseln angepriesen – oft als Nahrungsergänzungsmittel. Da nach dem Verzehr solcher Produkte einige Menschen starke unerwünschte Wirkungen erlebten, wurden Proben im Labor von Swissmedic untersucht.

Bei einigen Mitteln handelt es sich – anders als auf der Packung versprochen – nicht um rein pflanzliche und natürliche Produkte, sondern um Präparate, die mit synthetischen Arzneistoffen gepanscht sind, zum Teil sogar bedenklich hoch dosiert. Während Swissmedic noch vor fünf Jahren solche lebensgefährlichen Panschereien beschrieben hatte, ohne die Produktnamen zu nennen (GPSP 5/2015, S. 26), veröffentlicht die Behörde diesmal Klartext. Wir haben jetzt auch diese Produkte in die GPSP-Datenbank gepanschter Nahrungsergänzungsmittel aufgenommen, sofern wir sie nicht bereits erfasst hatten.

Manche Präparate sind alte Bekannte und dennoch neu: So nennt Swissmedic beispielsweise Li Da, vor dem GPSP bereits viermal gewarnt hat, zum ersten Mal in GPSP 6/2006, S. 9. Allerdings hat sich etwas geändert: Zunächst wurde in Li Da – zum Teil mit den Namensergänzungen „Dai Dai Hua“ oder „Dai Dai Hua Jiao Nang“ – der längst verbotene Appetithemmer Sibutramin entdeckt. Er kann das Herz-Kreislauf-System schädigen. Jetzt hat Swissmedic in Li Da das chemische Antidepressivum Fluoxetin aufgespürt, das unter anderem Appetitlosigkeit, Durchfall und Geschmacksstörungen auslösen kann, aber keinesfalls zur Verringerung des Körpergewichts geeignet ist.

Die Beliebigkeit der gepanschten Bestandteile ist uns schon häufiger aufgefallen. So haben wir Black Mamba jetzt zum siebten Mal in unsere Datenbank „Gepanschtes“ aufgenommen. Auch hier gibt es zum Teil Namensergänzungen wie „Premium“ oder „2 Premium“. In zwei gepanschten Black-Mamba-Produkten wurde Yohimbin aufgespürt, das vor Jahrzehnten als Mittel zur Libidosteigerung (Aphrodisiakum) galt. Im aktuell aufgefallenen Black Mamba sowie in drei weiteren Varianten sind verschiedene Erektionsförderer gefunden worden: Tadalafil, Sildenafil beziehungsweise eine chemische Variante. Einmal war Black Mamba sogar zusätzlich mit Dapoxetin gepanscht, einem Mittel, das als Medikament gegen vorzeitigen Samenerguss verordnet wird. Eine weitere Version enthielt den verbotenen Appetithemmer Sibutramin.

Da Laboruntersuchungen auf nichtdeklarierte Wirkstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln aufwendig sind, ist grundsätzlich nicht auszuschließen, dass neben den entdeckten Bestandteilen auch weitere problematische und nicht deklarierte Wirkstoffe enthalten sind, die bei der Laboranalyse unentdeckt bleiben.

Auf den Kauf von Nahrungsergänzungsmitteln sowie von Arzneimitteln und Medizinprodukten aus unbekannten Quellen im Internet und aus sozialen Netzwerken sollte grundsätzlich verzichtet werden. Sofern überhaupt Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sind – was überwiegend nicht der Fall sein dürfte – empfiehlt es sich, diese in der Apotheke vor Ort oder über deutsche Versandhändler oder Versandhändler aus dem nahen europäischen Ausland zu beziehen, die auf ihren Internetseiten eine vollständige Anschrift und Angaben zu den Verantwortlichen deklarieren (GPSP 5/2009, S. 9).

In den zwei Monaten seit der letzten Ausgabe von GPSP haben wir 21 weitere illegale Produkte recherchiert, erneut überwiegend gepanscht mit chemischen Erektionsförderern. Im Internet (www.gutepillen-schlechtepillen.de/heft-archiv/gepanschtes) finden Sie jetzt Näheres zu mehr als 2.200 illegalen Nahrungsergänzungsmitteln. Damit haben Sie Zugriff auf die weltweit umfangreichste öffentlich zugängliche Datenbank zu gepanschten Produkten. Doch auch diese kann leider nur die Spitze des Eisbergs darstellen, weil die Qualität von Nahrungsergänzungsmitteln nur in Stichproben, also nicht systematisch überprüft wird.

Fit ohne Nahrungsergänzung

GPSP 2/2018, S. 25

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2020 / S.26