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Freifahrschein fürs teure Medikamente

Wie Pharmafirmen in den USA Patienten ködern

Wer in den USA ein Originalmedikament verschrieben bekommt, muss mehr zuzahlen als bei einer wirkstoffgleichen Kopie, dem Generikum. Weil Pharmafirmen weiterhin beste Umsätze mit ihren Originalpräparaten erzielen wollen, locken sie die Patienten mit Schnäppchenangeboten. Das geschieht beispielsweise in Form von Rabatt-Coupons. Patientinnen und Patienten können so die Mehrkosten für das Original ein Jahr lang sparen. Klingt gut. Doch das Ganze hat einen Pferdefuß.

Pharmazeutische Hersteller lassen sich immer wieder was einfallen, um in einem wachsenden Generika-Markt dennoch Patienten an ihre Marken und Produkte zu binden. In den USA müssen die meisten Patienten aufgrund von Verträgen zwischen Krankenversicherungen und Herstellern eine Eigenbeteiligung von 5-15 US-Dollar beim Kauf von Generika zahlen; bei Originalpräparaten liegt die Zuzahlungsspanne zwischen 25-100 US-Dollar. Nun umgarnen Original-Hersteller auf Internetseiten Kunden mit Gratis-Arzneimittel-Coupons oder einer Arzneimittel-„Monats-Sparkarte“ für ihre jeweiligen Produkte. Patienten können sich diese Coupons bequem runterladen, ausdrucken und so die Zuzahlungsdifferenz ausgleichen. Zuvor müssen sie sich aber mit ihren persönlichen Daten registrieren lassen – ohne zu wissen, was der Empfänger damit anstellt und an wen er sie weitergibt.

Für die Versicherungen ändert sich im Endeffekt nichts an den Kosten, die sie den Versicherten erstatten müssen.

Neue Studie belegt Coupon-Unfug

Zwei Forscher von der Yale-Universität in Boston haben sich mit diesem aus deutscher Sicht recht merkwürdigen Verfahren genauer beschäftigt.1 Sie fanden heraus, dass es für 374 verschreibungspflichtige Originalpräparate solche Coupons gibt: von Heuschnupfen über Krebs bis HIV. Drei Viertel dieser Präparate werden bei chronischen Störungen verordnet, die meist sechs Monate oder länger dauern.

Die Studie verdeutlicht ferner, welcher Pferdefuß in dem vermeintlichen Schnäppchen steckt: Zum einen besteht das Risiko, dass Patienten Druck auf ihre Ärzte ausüben, ihnen die teuren Präparate (mit Kundenrabatt) zu verschreiben. Zum anderen werden vor allem bei längerer Verordnung die Versicherer geschädigt, die dann wiederum die Versicherungsprämien erhöhen – zum Schaden aller Versicherten.

Ob diese Couponwirtschaft überhaupt legal ist, damit befassen sich derzeit verschiedene Gerichte in den USA. Argumentiert wird, dass diese Rabatt-Aktionen die Verträge untergraben, die zur Kostensenkung zwischen Versicherern und Versicherten ausgehandelt wurden. In staatlich unterstützten US-Versicherungssystemen (Medicaid, Medicare) sind solche Tricksereien ohnehin verboten. Doch im Bundesstaat Massachusetts wurde dieses Werbeverbot jetzt unter dem Druck der Pharma-Lobby aufgehoben.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2014 / S.26