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© PIKSEL /iStockphoto.com

Erhöhtes Thromboserisiko bei neueren „Pillen“

Betrifft auch die Wirkstoffe Chlormadinon und Nomegestrol

Es gibt riskantere und weniger riskante Anti-Baby-Pillen, wenn es um das Risiko von Blut­gerinnseln geht. Allerdings fehlten für einige Wirkstoffe bislang noch genauere Informationen. Die liefert jetzt eine neue Auswertung von Krankenkassendaten.

In den meisten Anti-Baby-Pillen stecken zwei hormonelle Wirkstoffe: ein Östrogen (meist Ethinylestradiol) und ein Gestagen. Der Gestagen-Wirkstoff beeinflusst, wie stark das Risiko für Blutgerinnsel in den Venen, etwa in den Beinen oder – deutlich gefährlicher – in der Lunge steigt. Bei Pillen mit älteren Gestagen-Wirkstoffen wie Levonorgestrel kommt es jährlich zu etwa fünf bis sieben solcher Blutgerinnsel pro 10.000 Frauen (Risikoklasse 1). Bei neueren Gestagen-Wirkstoffen wie Etonogestrel und Norelgestromin können es sechs bis zwölf Gerinnsel (Risikoklasse 2), bei Drospirenon und Desogestrel neun bis zwölf (Risikoklasse 3) sein. Das ist bereits seit Längerem bekannt.

Für einige andere neuere Gestagene war bislang nicht klar, welcher Risikoklasse sie zuzuordnen sind. Eine neuere Analyse hat jetzt ergeben, dass auch Chlormadinon und Nomegestrol zur Risikoklasse 3 gehören, also das höchste Thromboserisiko haben.1 Dazu wertete das Forschungs­team Abrechnungsdaten von vier gesetzlichen Krankenversicherungen in Deutschland aus.

Besser verordnen!

Die deutsche Zulassungsbehörde, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), weist erneut darauf hin, dass Ärztinnen und Ärzte bevorzugt Präparate mit niedrigerem Thromboserisiko verordnen sollen, gerade bei Frauen, die die Pille zum ersten Mal einnehmen oder ein höheres Risiko für eine Thrombose haben, wie etwa bei Übergewicht.

Solche Appelle scheinen aber nur wenig zu fruchten, wie eine Auswertung von Verordnungsdaten der AOK zeigt. Danach werden zwar häufiger risikoärmere Präparate verschrieben, die Pillen mit höherem Risiko machen aber immer noch mehr als die Hälfte der ärztlichen Verordnungen aus und liegen damit weiter auf zu hohem Niveau.2 In Frankreich waren die Verschreibungszahlen der Pillen aus den Risikoklassen 2 und 3 deutlich zurückgegangen, nachdem die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten dafür nicht mehr übernommen hatten.3 In Deutschland können Frauen bis zum 22. Lebensjahr die Pille auf Kassenrezept bekommen, und die Wahl der Präparate ist dabei nicht eingeschränkt.

Auf Östrogenmenge achten!

Außer dem Einfluss der Gestagen-Komponente untersuchten die Wissenschaftler:innen auch den Effekt der Östrogen-Dosis. Das Ergebnis: Enthält die Pille mehr als 30 Mikrogramm Ethinylestradiol, verdoppelt sich das Thromboserisiko im Vergleich zu einer Dosis von 30 Mikrogramm oder weniger. Auch dieser Risikofaktor sollte also bei der Auswahl der Pille bedacht werden.

Thrombosen
GPSP 4/2015, S. 22

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2021 / S.21