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Arzneimittelfälschungen

Lukrativer als Drogen

„Arzneimittel zu fälschen ist für Kriminelle lukrativer als der Drogenhandel“, schreibt die Apotheker Zeitung. „So kostet ein Kilogramm Viagra®-Plagiat rund 90.000 Euro auf dem Schwarzmarkt, in der Herstellung kostet es nur 40 Euro. … Ein Kilo Heroin hat dagegen Kosten von rund 1.300 Euro und kann für 30.000 bis 50.000 Euro weiterverkauft werden“.1 Wen wundert es da, dass billig zu kopierendes Viagra® weltweit die Nummer eins unter den gefälschten Arzneimitteln ist?

Die Mitteilung hat erhebliche Brisanz, offenbart sie doch so ganz nebenbei die gigantischen Verdienstspannen der pharmazeutischen Industrie. Das erektionsfördernde Viagra® enthält den Wirkstoff Sildenafil. Eine Packung mit vier Tabletten zu 25 mg kosten in der Apotheke 44,11 Euro. Aus einem Kilogramm Sildenafil lassen sich jedoch 10.000 solcher Packungen im Wert von über 400.000 Euro (Apothekenverkaufspreis) produzieren. Damit wird der Wirkstoff zum Zehntausendfachen des Rohstoffpreises verkauft. Wie unvorstellbar groß diese Spanne zwischen Rohstoffkosten und Verkaufspreis des Fertigproduktes ist, lässt ein Vergleich erahnen: Bei einem derartigen Rohstoff-Verkaufspreis-Verhältnis hätte ein Auto, das für 40.000 Euro verkauft wird, einen Materialwert von 4 Euro.

Oft begründen Pharmafirmen ihre hohen Preise mit den erheblichen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung – obwohl tatsächlich doppelt so viel Geld in Werbemaßnahmen fließt. Aber selbst dieses Argument greift bei Viagra® nicht. Ursprünglich wurde Sildenafil nämlich als Mittel gegen Herzschmerzen (Angina pectoris) erprobt. Dabei beobachteten Männer, die das Mittel eingenommen hatten, eine Zunahme von Erektionen. Diese Nebenwirkung, ein Zufallsbefund, wurde dann zum Hauptanwendungsgebiet von Sildenafil gemacht.

Für Sildenafil als Mittel gegen Angina pectoris hätte der Hersteller Pfizer allenfalls einen Preis von vielleicht einem Euro pro Tagesdosis erzielen können. Erst die Vermarktung als Mittel gegen Erektionsstörungen hat es der Firma ermöglicht, eine einzelne Tablette auf 11 Euro bis 15 Euro zu taxieren und den Preis tatsächlich durchzusetzen.

Viagra® ist ein gutes Beispiel für eine Regel: Arzneimittel, die als „Innovation“ auf den Markt kommen, werden nicht nach ihren tatsächlichen Kosten für Forschung und Herstellung kalkuliert. Der Preis orientiert sich daran, was der Markt hergibt – im Fall Viagra® daran, was Männer bereit sind, für die Steigerung ihrer Potenz zu zahlen. Gleichzeitig setzen diese Phantasiepreise kriminelle Energie frei.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2008 / S.14