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Was tun gegen Jetlag?

Leben ist Rhythmus – Biorhythmus – und dieser wird durch unsere ­innere Uhr gesteuert. Als Tag-Nacht-Rhythmus macht er sich am stärksten bemerkbar und kann auf Langstreckenflügen durch mehrere Zeitzonen spürbar gestört sein. Bekannt ist das unangenehme Phänomen als „Jetlag“.

Ein Fernflug kann Leistungsfähigkeit, Konzentration und Schlaf beeinträchtigen. Die Wortbildung „Jetlag“ charakterisiert die Ursachen: das Düsenflugzeug (jet) und das Hinterherhinken (lag) unserer Anpassung an einen anderen Tag-Nacht-Rhythmus. Die Zirbeldrüse im Gehirn sorgt dafür, dass wir am Tage wachen und in der Nacht schlafen. Sie synchronisiert mit Hilfe des „Zeitgebers“ Licht die innere Uhr und passt unsere Aktivität dem Wechsel des Sonnenlichts an. Nachts wird mehr vom körpereigenen Hormon Melatonin produziert.

Jetlag kommt dadurch zustande, dass sich unsere biologische Uhr bei schneller Durchquerung mehrerer Zeitzonen nicht von heute auf morgen mit dem veränderten Licht-Dunkel-Rhythmus in Übereinstimmung bringen kann. Bei Flügen nach Westen gleicht sich unser Rhythmus jeden Tag um etwa anderthalb Stunden der Ortszeit an – nach Osten nur um eine Stunde pro Tag.1 Man kann allerdings dazu beitragen, die Auswirkungen des Jetlag möglichst gering zu halten.

Vor dem Flug

Es kann helfen, sich schon vor Reisebeginn umzugewöhnen:2 Dazu müsste man einige Tage vor Abflug je nach Reiserichtung ein bis zwei Stunden früher oder später schlafen gehen. Frühe oder späte Startzeiten der Flüge können aber diese Strategie zunichte machen.

Im Flieger

Viel Wasser oder Säfte trinken, nur mäßig Alkohol, wenig Kaffee. Bei einem Nachtflug so viel wie möglich schlafen. Wer ein Schlafmittel einnimmt, sollte ganz auf Alkohol verzichten. Kein Schlafmittel einnehmen darf, wer Risikofaktoren für eine tiefe Venenthrombose hat (siehe GPSP 2/2010, S. 6).

Am Zielort

Die wirkungsvollste Maßnahme, um seine innere Uhr neu zu justieren, besteht darin, sich in kalkulierter Weise dem (Sonnen-)Licht auszusetzen. Nach Ankunft an einem fernen Zielort im Osten heißt es früh aufstehen und im Hellen aktiv sein, bei einem Zielort im Westen sollte man abends lange im Hellen unterwegs sein.

Wer nur kurz an einen fernen Ort jettet, kann versuchen, seinen heimatlichen Rhythmus beizubehalten. Es hilft, die Armbanduhr gar nicht erst auf die lokale Zeit umzustellen.

So oder so werden Fernreisende oft mit erheblichem Schlafdefizit am Ziel ankommen. Kurze Nickerchen am Tage (nicht länger als 20 Minuten) können helfen. Wer abends nach einem Langstreckenflug schlecht einschläft, kann die ersten zwei oder drei Nächte ein kurz wirkendes Schlafmittel (z.B. Zolpidem, verschreibungspflichtig) nehmen.3

Bisweilen wird empfohlen, abends Melatonin einzunehmen. Es scheint dazu beitragen zu können, die biologische Uhr nach einem Flug ostwärts vorzustellen.4 In Deutschland gibt es allerdings kein Arzneimittel, dass für diese Anwendung zugelassen ist. Das einzige erhältliche Melatonin-Präparat Circadin® (rezeptpflichtig) ist nur für bestimmte Schlafstörungen bei Personen ab 55 Jahren zuge­lassen. Da es eine verzögerte Wirkstofffreisetzung (Retard) hat, dürfte es bei Jetlag ohnehin wenig nützlich sein. Melatonin z.B. per Internet zu importieren ist illegal. Das Hormon ist in den USA als Nahrungsergänzungsmittel im Handel, hierzulande aber verschreibungspflichtig. Der Zoll kann die importierte Ware ersatzlos einkassieren.

Ratschläge bei Jetlag beruhen zum großen Teil auf theoretischen Überlegungen und nicht auf zuverlässigen Studien. Jeder Vielreisende muss die für ihn beste Methode herausfinden, den Jetlag abzumildern.

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2010 / S.05