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©Brigitte Bonaposta/fotolia

Vorsicht Prodrugs?

Was bei der Einnahme mancher Arzneimittel zu beachten ist

Wer mehrere Medikamente einnimmt, muss häufiger mit unerwünschten Effekten rechnen. Es gibt allerdings einige Arzneimittel, bei denen Ihre Ärzte und Sie selbst ganz besonders vorsichtig sein müssen: so genannte Prodrugs. Sie können durch andere Medikamente ihre Wirkung verlieren.

Unter Prodrug versteht man einen Arzneistoff (englisch: drug), der erst im Körper in die eigentlich wirksame Verbindung umgewandelt wird. Das ist zum Beispiel günstig, wenn diese Vorstufe besser im Darm aufgenommen wird als der Wirkstoff, auf den es ankommt. Oder wenn nur die Vorstufe genau den Ort im Körper erreicht, wo die gewünschte Wirkung stattfinden soll. Dazu ein

Beispiel: Parkinsonkranke leiden an einem Mangel an Dopamin im Gehirn. Diesen Botenstoff als Tablette zu schlucken wäre sinnlos, denn er kann mit dem Blutkreislauf gar nicht ins Gehirn gelangen (Blut-Hirn-Schranke). Deshalb behandeln Ärzte ihre Patienten mit dem Prodrug L-Dopa, das nach Überwindung der Blut-Hirn-Schranke im Gehirn zu dem eigentlich benötigten Dopamin umgewandelt wird.

Leider beachten nicht alle Ärzte die prodrug-typischen Wechselwirkungen.1 Welche Folgen hat das für Patienten? Während bestimmte Arzneimittel den Abbau von anderen hemmen können und so den Blutspiegel dieser Arzneimittel erhöhen und damit zu mehr Nebenwirkungen führen können,2 kann bei Prodrugs das Gegenteil passieren: Sie können nicht wirken, wenn ihre Umwandlung in die wirksame Form blockiert wird. Drei Beispiele:

Nach einer Brustkrebs-Operation nehmen viele Frauen oft längere Zeit Tamoxifen ein, um ein erneutes Auftreten des Tumors zu verhindern. Verständlicherweise leiden diese Patientinnen häufig auch an Depressionen. Aber: Das dann oft verordnete Antidepressivum Paroxetin hemmt das Enzym CYP2D6, das Tamoxifen in der Leber in seine wirksame Form u m w a n d e l t .

Eine große kanadische Studie3 hat nun gezeigt, dass bei Frauen, die außer Tamoxifen noch Paroxetin eingenommen hatten, die Sterberate höher war, weil das Tamoxifen nicht mehr wirkte.4 Ärzte sollten Frauen, die Tamoxifen benötigen, deswegen nur Antidepressiva verordnen, die diese Hemmwirkung nicht besitzen. Sehr häufig nehmen Patienten nach einem Herzinfarkt oder einem
Schlaganfall Clopidogrel ein, ein Arzneimittel, das die Blutgerinnung hemmt. Auch Clopidogrel muss im Körper erst in eine aktive Form umgewandelt werden. Diesen Vorgang kann ein ebenfalls häufig verordneter Stoff behindern, nämlich Omeprazol gegen zu viel Magensäure. Das Mittel hemmt das Enzym CYP2C19. Weil dieses Enzym nicht wirksam werden kann, ist die Schutzwirkung von Clopidogrel vor erneutem Herzinfarkt oder Schlaganfall wahrscheinlich verringert. Sicherheitshalber sollte in solchen Fällen – wenn überhaupt erforderlich – statt Omeprazol ein anderer Säurehemmer gewählt werden.

Als drittes Beispiel sei das Prodrug Tramadol erwähnt, dessen schmerzstillende Wirkung unter anderem vom Antidepressivum Paroxetin vermindert wird.5 Auch diese Wechselwirkung ist relevant, da Patienten mit chronischen Schmerzen sehr häufig auch unter depressiven Störungen leiden.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2011 / S.04