Verhütung: Wenn die Spirale das Weite sucht
Anwendungsstopp für Kupferperlenball
Wenn Frauen sich für eine Spirale entscheiden, wollen sie sicher verhüten. Allerdings ist die Sicherheit futsch, wenn diese Intrauterin-Pessare ausgestoßen werden. Nachfragen des arznei-telegramm® zu solchen Problemen waren beim Anbieter eines solchen Produkts nicht willkommen. Inzwischen ist das Medizinprodukt aber gestoppt – zumindest vorerst.
Hormonfreie Verhütungsmittel sind im Trend. Dazu gehören auch Kupfer-„Spiralen“, die in die Gebärmutter eingesetzt werden und dort die Einnistung einer befruchteten Eizelle verhindern sollen. Trotz des Namens „Spirale“ können die Medizinprodukte ganz unterschiedlich aussehen: etwa wie ein T oder wie eine längliche oder ballförmige Kupferperlen-Kette. Im Fachjargon werden die Spiralen auch als „Intrauterin-Pessare“ bezeichnet.
Kupferspiralen sind als langfristige Verhütungsmethode gedacht und können je nach Modell mehrere Jahre verwendet werden. Allerdings passieren auch hier unerwartete „Pannen“.
Ausgestoßen
Bei Kupferspiralen kann die Verhütung vor allem versagen, wenn sie aus der Gebärmutter ausgestoßen werden. Die französische Aufsichtsbehörde für Medizinprodukte hatte im August 2021 darauf hingewiesen, dass das mit einem Kupferperlenball (IUB Ballerine) bei etwa jeder 100. Frau passiert ist. Auch in anderen europäischen Ländern soll es ähnliche Fälle gegeben haben. Das CE-Zertifikat, das die Voraussetzung für den Vertrieb von Medizinprodukten bildet, wurde deshalb ausgesetzt.
Wenn der Anwalt schreibt
Weil der Kupferperlenball auch in Deutschland vertrieben wurde, hatte eine unserer Mutterzeitschriften, das arznei-telegramm®, bei dem deutschen Verantwortlichen nachgefragt: Wirkt sich das Vorgehen in Frankreich auch für deutsche Anwenderinnen aus?
Keine unberechtigte Frage, schließlich gelten die Zertifikate für Medizinprodukte EU-weit. Der Hersteller fuhr jedoch juristische Geschütze auf: zunächst als „nachdrückliche Bitte“, auf eine Berichterstattung zu verzichten, während die deutsche Behörde, das BfArM, die Situation bewertet, kurz darauf gefolgt von der Androhung rechtlicher Schritte per Fax. Später ruderte der Hersteller jedoch wieder zurück.1
Vertrieb gestoppt
Inzwischen hat der Anbieter – nach Aufforderung des BfArM – den Verkauf des Kupferperlenballs auch in Deutschland gestoppt. Nach Auskunft des BfArM soll der Anbieter „seine Kunden“ informiert haben.2 Sind damit die Frauenärztinnen und -ärzte gemeint, die den Kupferperlenball einsetzen? Und haben es auf diesem Weg auch die möglicherweise betroffenen Frauen erfahren? Das bleibt unklar. Auf Nachfrage des arznei-telegramm® hatte der Anbieter keine konkrete Antwort gegeben.3 Bis Mitte Dezember 2021 war im Verzeichnis des BfArM zu Sicherheitsinformationen von Medizinprodukte-Herstellern keine entsprechenden Informationen zu finden, weil das Verfahren zur Risikobewertung noch nicht abgeschlossen ist.
Selbst aufpassen
Die französische Behörde empfiehlt Frauen, die den Kupferperlenball nutzen, den korrekten Sitz in der Frauenarztpraxis überprüfen zu lassen. Bei Intrauterin-Pessaren ist es für die Verwenderinnen ohnehin sinnvoll, regelmäßig am Gebärmutterhals zu prüfen, ob die Rückholfäden der Spirale noch zu ertasten sind. Ist das nicht der Fall oder treten Bauchschmerzen auf, kann das auf eine Ausstoßung hindeuten. Dann sollten Frauen bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgehen, dass die Verhütungssicherheit nicht mehr gewährleistet ist.
Stand: 3. Februar 2022 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2022 / S.17