Implanon® – Hüten Sie sich vor dem Verhütungsimplantat
Mit viel Publicity wurde vor fünf Jahren das neue Verhütungsmittel Implanon® auf den Markt gebracht. Der Wirkstoff wird in einem Plastikstäbchen unter die Haut implantiert. Doch das Mittel birgt für die Anwenderinnen unvertretbare Risiken.
„Die Pille kann man vergessen – Implanon nicht“, pries die zur Organon GmbH gehörende Firma Nourypharma das Hormonstäbchen Implanon® auf der Einführungspressekonferenz im Juni 2000 an. Manche Frau wird das Implanon®-Stäbchen so schnell nicht vergessen – aber aus anderen Gründen als der Hersteller mit seiner Werbung gemeint hat. Viele Frauen vertragen das Mittel nicht gut. Es gibt Probleme, wenn das Implantat wieder entfernt werden soll oder weil Frauen trotz dieses Verhütungsmittels schwanger wurden. Dabei klingen die Vorteile der Methode zunächst einleuchtend: Im Unterschied zur „Pille”, die täglich geschluckt werden muss, wird das knapp streichholzgroße Kunststoffstäbchen direkt unter die Haut des Oberarms eingesetzt und soll dann drei Jahre lang Schwangerschaften „sicher” verhüten.1
Hierfür gibt es kontinuierlich das Gelbkörperhormon (Gestagen) Etonogestrel ab, das den Eisprung verhindert. In seiner Zusammensetzung kommt das Implantat am ehesten der Minipille nahe.
Sorgenfrei und Sicher?
Das von der Firma verbreitete Idealbild eines Verhütungsmittels („sorgenfrei und sicher”) stimmte jedoch bereits zu dem Zeitpunkt, als Implanon® in den Handel gebracht wurde, nicht mit der Realität überein. In der größten bis dahin veröffentlichten Studie ließ fast jede dritte Frau das Implantat vorzeitig entfernen. Mehr als die Hälfte klagten über lästige Störungen der Regel wie (Zwischen-) Blutungen oder Ausbleiben der Monatsblutung.2 In anderen Untersuchungen klagte jede fünfte Frau über Akne oder Kopfschmerzen und jede zehnte über Brustschmerzen. Daher wurde die Verträglichkeit der Neuerung schon im Jahr 2000 als anscheinend „deutlich schlechter” als die Minipille beurteilt.3
Auch die angebliche Zuverlässigkeit des Verhütungsstäbchens scheint sich als Marketing-Bluff zu erweisen. In Holland haben jetzt 15 Frauen per Gerichtsbeschluss Zusagen für Entschädigungszahlungen erhalten, weil sie trotz Implanon schwanger geworden sind. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM, Bonn) kennt inzwischen mehr als 100 Berichte über ungewollte Schwangerschaften trotz Implanon®. Weil generell die meisten Nebenwirkungen nicht an die Behörde gemeldet werden, ist davon auszugehen, dass auf eine Meldung an das BfArM 20 bis 30 nicht berichtete Unverträglichkeiten, Zwischenfälle oder unerwünschte Folgen von Arzneimitteln kommen. Die Dunkelziffer für Versager dürfte beträchtlich sein. Implanon® ist also keinesfalls eine zuverlässige Verhütungsmethode.
Sogar Datenfälschung
Zu klären bleibt, ob die Ärzte Fehler beim Einsetzen gemacht haben, ob das Stäbchen noch vor abgeschlossener Wundheilung durch Bewegung des Armes unbemerkt aus der Implantationsstelle austreten kann oder ob das Stäbchen selbst unzuverlässig wirkt. Auch hierfür gibt es Indizien: Ein Jahrzehnt nach der Erprobung des Mittels bei Frauen (klinische Studien) war plötzlich aufgefallen, dass einige der Daten gefälscht waren, auf denen die Zulassung des Hormonstäbchens durch die Behörde beruht. Schließt man diese zweifelhaften Forschungsergebnisse bei der Beurteilung der Wirksamkeit aus, ist nicht mehr zufriedenstellend belegt, dass das Hormonstäbchen auch nach über zwei Jahren noch zuverlässig wirkt.4 Ob Implanon® im dritten Anwendungsjahr bei Frauen mit deutlichem Übergewicht noch ausreichende Mengen des Gestagens abgibt, um zuverlässig wirken zu können, wurde bereits bei der Markteinführung des Stäbchens infrage gestellt. 3
Suche nach dem Stäbchen
Ein weiterer gewichtiger Vorbehalt gegen Implanon® kommt hinzu: Nach Firmenangaben soll das Implantat unter der Haut spürbar und daher „jederzeit“ wieder aufzufinden sein, wenn es wegen Unverträglichkeit oder Kinderwunsch entfernt oder nach Ablauf von drei Jahren ausgetauscht werden soll. Inzwischen haben Frauen die Erfahrung gemacht, dass die Suche nach dem Implantat auf unerwartete Schwierigkeiten stoßen kann. Mehrfache Eingriffe, manchmal mit Vollnarkose, können erforderlich werden. Sie hinterlassen zum Teil hässliche Narben und sind bisweilen erfolglos. Besonders hart trifft die vergebliche Suche Frauen, die das Plastikstäbchen wieder los werden wollen, weil sie es nicht vertragen oder weil sie sich inzwischen doch ein Kind wünschen.
Da weder die Verträglichkeit noch die empfängnisverhütende Zuverlässigkeit von Implanon® gewährleistet ist und das Hormonstäbchen bisweilen nur mit großem Aufwand oder gar nicht wieder entfernt werden kann, raten wir beim derzeitigen Kenntnisstand von der Verwendung des Implantats ab.
Stand: 1. Oktober 2005 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2005 / S.09