Schleichwerbung für Aknemedikament in der Tagesschau
Wie es Firmen-PR in die Medien schafft
Der Beitrag auf tagesschau.de trägt dick auf: „Hoffnung für viele Jugendliche“, „erste therapeutische Innovation seit rund vierzig Jahren“, „Studien zeigten, dass Clascoteron-Creme nach zwölf Wochen bereits Erfolge zeigte.“1 Was taugt das Mittel?
- Voreilig! Das Medikament war zum Zeitpunkt der Meldung noch nicht zugelassen.
- Markenname: Das Werbeverbot für rezeptpflichtige Medikamente wird umgangen.
- Hoffnung für Jugendliche? … oder Hoffnung auf mehr Umsatz?
- … erklärte der Arzneimittelhersteller. Wird hier Firmen-PR übernommen?
- Innovation? Es ist unklar, ob das Mittel besser ist als andere Medikamente.
Dass es sich um eine „Innovation“ handelt, sagt noch nichts über den Nutzen für Patient:innen aus. Außerdem kann ein neues Wirkprinzip auch neue Risiken bedeuten. Immerhin erwähnt der Beitrag, dass die europäische Arzneimittelbehörde EMA die Creme wegen ihrer hormonellen Wirkung auf Wachstum und Geschlechtsreifung zunächst abgelehnt hatte. Es steht aber nichts davon, dass deshalb die Anwendung für Jugendliche von 12 bis 18 Jahren auf die Gesichtshaut beschränkt wird, um die behandelte Fläche und damit die Dosis möglichst gering zu halten.
Dass die EMA „grünes Licht“ gegeben hat, ist missverständlich. Für die Zulassung des Medikaments ist die EU-Kommission zuständig. Nach der EMA-Empfehlung kann das bis zu drei Monate dauern. Ausführlichere Informationen gibt es erst nach der Zulassung.
Die Wirkung ist eher bescheiden, soweit man das aus der dürren Meldung der EMA entnehmen kann.2 Vergleiche zu anderen Aknemitteln fehlen. Nennenswerte Verbesserungen über einen Placeboeffekt hinaus bot Clascoteron je nach Schweregrad der Akne bei 9 bis 12 von 100 Betroffenen.
Werbung für rezeptpflichtige Arzneimittel ist nicht erlaubt, Berichterstattung schon. Mit früher Pressearbeit versuchen Pharmafirmen, ihre Produkte zu platzieren. Es ist wenig tröstlich, dass auch andere Medien in die gleiche Falle wie die Tagesschau getappt sind.
Stand: 29. Oktober 2025 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2025 / S.27
