Operationen bei erhöhter Blutungsgefahr
Viele Menschen mit Vorhofflimmern nehmen regelmäßig ein Medikament wie Warfarin (Coumadin®) oder Phenprocoumon (Marcumar ® u.a.) ein, das die Blutgerinnung herabsetzt und das Risiko von Verklumpungen (Thromben) mindern soll. Denn diese können zu Gefäßverschlüssen (Thromboembolien) und zum Beispiel zu Schlaganfall führen. Solche wichtigen gerinnungshemmenden Wirkstoffe (Antikoagulanzien) werden vor einer Endoskopie oder einer Operation meist abgesetzt, damit es nicht zu verstärkten Blutungen kommt.5 Stattdessen erhalten die Patienten vorübergehend Heparin (niedermolekulares Heparin = NMH) – quasi als Überbrückung. Man spricht daher auch von „Bridging“ (engl. bridge = Brücke).
Doch nun hat eine gut gemachte Studie mit rund 1.800 Patienten, die Warfarin einnahmen und kurz vor einer Operation standen, ergeben, dass ein solches Bridging womöglich gar nicht sinnvoll ist.6,7 Zumindest nicht, wenn das Risiko für eine Thromboembolie gering ist. Denn wenn Warfarin für einige Tage rund um die OP einfach weggelassen wurde, kam es keineswegs zu mehr Thromboembolien, als wenn diese Phase mit Heparin überbrückt wurde. Außerdem gab es in der Gruppe ohne Bridging sogar weniger Blutungen als bei Patienten, die Heparin bekamen.
Auf der Grundlage dieser Daten aus den USA resümieren die GPSP-Mutterzeitschriften arznei-telegramm und DER ARZNEIMITTELBRIEF, dass Patienten mit geringem Thromboembolie-Risiko nicht routinemäßig ein Bridging brauchen. Und bei den anderen – etwa mit künstlicher Herzklappe – müsse dringend geklärt werden, wie nützlich das Bridging für sie ist.
Besprechen Sie Fragen, die sich daraus ergeben, mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin, falls sie normalerweise einen Blutgerinnungshemmer einnehmen und beispielsweise eine endoskopische Untersuchung von Magen oder Darm oder ein operativer Eingriff bevorsteht.
Stand: 22. Dezember 2015 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2016 / S.14