Zum Inhalt springen
© ananaline/iStock

Hochdosiertes Baclofen

Weg vom Alkohol?

In Frankreich hat das Buch eines Kardiologen für viel Aufregung gesorgt, weil er darin hochdosiertes Baclofen (Lioresal®, Generika) als probates Mittel zur Alkoholentwöhnung propagiert. Dafür zugelassen ist das Muskelrelaxans allerdings weder in Frankreich noch bei uns. Dennoch wird es per Erfahrungsbericht in Internetforen oder in Fernsehsendungen bekannt gemacht. Es soll angeblich die Sucht dämpfen und Abstinenz ermöglichen.

Doch eine erst jetzt – drei Jahre nach ihrem Abschluss – veröffentlichte, ordentlich gemachte Studie mit hochdosiertem Baclofen spricht eine ganz andere Sprache:1 Zuvor wurden immer wieder nur kleinere, kurzzeitige Studien als Beleg für den entwöhnenden Effekt von Baclofen präsentiert.

Die größere Studie, die die französische Arzneimittelbehörde ANSM angeregt hatte, widerspricht der bisherigen Ansicht: Von den 320 Erwachsenen mit Alkoholproblem können demnach diejenigen, die Baclofen einnehmen, dem Alkohol nicht besser entsagen als die Teilnehmer der Kontrollgruppe, die ein Placebo einnehmen. Die Abstinenzraten zwischen Tag 29 und Tag 168 betragen 11,9% beziehungsweise 10,5%. Dieser Unterschied ist genauso gering und statistisch nicht abzusichern, also nicht signifikant, wie die Reduktion der täglichen Alkohol-Trinkmenge (sechster Monat: Abnahme um 55,1 g pro Tag mit Baclofen im Vergleich zu 44,2 g mit Placebo). Auch bei der Frage, wie viele Tage alkoholfrei waren, unterscheiden sich die beiden Gruppen nicht signifikant: Es sind 9,9 Tage unter Baclofen sowie 8,7 Tage unter Placebo.

Angesichts der Tatsache, dass das Medikament deutlich mehr und stärkere unerwünschte Wirkungen hat als das Placebo, kann GPSP vor der nicht für die Alkoholentwöhnung zugelassenen Anwendung des Medikaments nur warnen. Eine zweite Studie aus Frankreich wird hoffentlich bald weitere Klärung bringen.

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 05/2017 / S.14