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© Sakramir/ istockphoto.com

Gleich, aber doch irgendwie anders?

Das Schilddrüsenmittel Euthyrox®

Bei der Einnahme von Schilddrüsenhormonen sind gleichmäßige Konzentrationen des Wirkstoffs im Blut wichtig. Problematisch kann es werden, wenn das Präparat gewechselt wird – oder wenn sich die Zusammensetzung eines Mittels ändert. Das wird bei Euthyrox® in Kürze der Fall sein.

Oft weisen wir in unseren Beiträgen auf Generika hin, die den gleichen Wirkstoff enthalten wie die Originalpräparate, aber wesentlich preiswerter sind. Ein Austausch ist für Patienten und Patientinnen in der Regel ohne Probleme möglich.

Heikle Balance

Es gibt allerdings einige Ausnahmen von dieser Regel – und dazu gehören Schilddrüsenhormone wie das am häufigsten verwendete L-Thyroxin. Ein Wechsel des Präparats kann zu kleinen Veränderungen im Blutspiegel führen, die möglicherweise große Auswirkungen haben: Bei zu niedrigem Hormonspiegel fühlen sich die Patientinnen und Patienten häufig müde, sind kälteempfindlich und leiden unter Stimmungsveränderungen. Zu hohe Spiegel dagegen können zu Herzrasen, Zittern, Schlafstörungen, Reizbarkeit oder Wärmeempfindlichkeit führen.1 Aus diesem Grund ist es notwendig, zu Beginn der Behandlung (danach routinemäßig mindestens jährlich) und nach einem Präparatewechsel die Blutwerte zu überwachen und – falls notwendig – die Dosis anzupassen. Deshalb dürfen Arzneimittel mit L-Thyroxin seit Dezember 2014 in der Apotheke nicht mehr ausgetauscht werden: Sie erhalten dort also exakt das Präparat, das auf dem Rezept steht und kein anderes Generikum mit demselben Wirkstoff.2

Problem Stabilität

Wer schon immer das gleiche Präparat einnimmt, wiegt sich daher in Sicherheit. Das kann allerdings trügerisch sein, wie der Fall Euthyrox® zeigt. Es ist eines der Arzneimittel, die als Wirkstoff L-Thyroxin enthalten. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Probleme gegeben, weil  sich der Wirkstoff in den Tabletten im Laufe der Zeit stärker als erwartet abbaute, obwohl das Verfallsdatum noch nicht erreicht war. Die Arzneimittelaufsicht hatte dem Hersteller deshalb auferlegt, besser haltbare Tabletten zu entwickeln. Das gelang schließlich auch, indem der Hersteller die Hilfsstoffe veränderte.

Ursachen unklar

Allerdings entstanden dadurch neue Probleme. In Frankreich kam das veränderte Mittel bereits Anfang 2017 auf den Markt, und kurz darauf häuften sich Berichte über Nebenwirkungen.

Es ist allerdings nicht ganz klar, ob echte Probleme vorlagen oder die vermehrten Meldungen hauptsächlich auf eine veränderte Wahrnehmung zurückzuführen waren. Der Hersteller hatte in einer Studie mit rund 100 Menschen geprüft, wie viel L-Thyroxin mit der veränderten Rezeptur im Blut ankommt und keine nennenswerten Abweichungen gefunden. Allerdings lässt sich umgekehrt nicht ausschließen, dass sich bei einzelnen Menschen nicht doch spürbare Veränderungen zeigen. Einen wichtigen Anteil an den vielen Meldungen hatte sicherlich auch die mediale Aufmerksamkeit: Möglicherweise wurden einige Patientinnen und Patienten dadurch verunsichert, beobachteten ihren Körper aufmerksamer und bemerkten dadurch häufiger unerwünschte Wirkungen.1,2

Gezielte Information

Nach den negativen Erfahrungen in Frankreich haben die europäischen Behörden eine umfangreiche Kommunikationsstrategie geplant: In Deutschland sollen Angehörige der Gesundheitsberufe als „wichtig“ gekennzeichnete Informationen erhalten („Rote-Hand-Briefe“), für Patientinnen und Patienten werden zusätzliche Handzettel vorbereitet. Außerdem soll auf den Packungen klar ersichtlich sein, ob es sich um die alte oder die neue Zusammensetzung handelt.

Was tun?

In Deutschland soll die neue Zusammensetzung von Euthyrox® im 2. Quartal 2019 ausgeliefert werden.2 Wer dieses Mittel einnimmt, sollte in der Apotheke nachfragen, ob es sich um die alte oder die neue Zusammensetzung handelt oder auf den Hinweis auf der Packung achten und mit Arzt oder Ärztin über die notwendigen Blutkontrollen sprechen. Ein zeitnaher Arztkontakt ist empfehlenswert, wenn sich nach der Umstellung die beschriebenen Beschwerden zeigen, die auf eine Über- oder Unterdosierung hindeuten. Allerdings muss man auch wissen, dass sich eine mögliche Veränderung des Blutspiegels zuverlässig erst acht Wochen nach der Umstellung zeigt. Erst dann ist ein Bluttest sinnvoll. Wer Zeit sparen will und die Möglichkeit dazu hat, sollte die jährliche Routinekontrolle in den entsprechenden Zeitraum nach der Umstellung legen.

Generika–Qualität
GPSP 6/2012, S. 22

Thyroxin
GPSP 6/2015, S. 10

PDF-Download

– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2019 / S.17