Verlogene Deklaration täuscht Behörden und Käufer
Extrakte aus Blättern von Acacia rigidula sind in zahlreichen Nahrungsergänzungsmitteln enthalten. Sie stammen von einem Busch – aus der Gruppe der Akazien –, der in Mexiko und Texas verbreitet ist. In der traditionellen Medizin sind diese Extrakte nicht gebräuchlich.1 Aber ihre bekanntermaßen stimulierenden Inhaltsstoffe werden neuerdings auch bei uns zum Abnehmen propagiert, beispielsweise als „Fatburner“. Außerdem sollen sie die geistige oder körperliche Leistungsfähigkeit steigern können.
Vor zwei Jahren wurde in Labors der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA in Nahrungsergänzungsmitteln, die laut Deklaration auf der Packung Acacia rigidula enthalten, auch der Stoff BMPEA entdeckt (= βMePEA; Abkürzungen für beta-Methylphenylethylamin). Diese stimulierend wirkende Chemikalie ist dem Amphetamin chemisch nah verwandt. Solche Stimulanzien werden von der Weltdopingagentur als Dopingmittel eingestuft. Auf den meisten der Packungen ist BMPEA jedoch gar nicht deklariert, sondern nur der Akazienextrakt. Und auf einigen Packungen wird der Eindruck erweckt, bei BMPEA handele es sich um eine andere Bezeichnung für diesen Pflanzenextrakt. Beides ist irreführend: BMPEA stammt ausschließlich aus Chemielaboren.
BMPEA wurde in den 1930er Jahren bei der Suche nach stimulierenden Substanzen synthetisiert, jedoch – aus heute nicht bekannten Gründen – niemals systematisch auf seine Wirkungen bei Menschen untersucht. Umso ärgerlicher ist es, dass die Mitarbeiter der FDA ihre bedenkenswerten Analysen zwar veröffentlicht haben, die Namen der untersuchten Produkte jedoch nicht, obwohl sie ganz offensichtlich Panschereien auf die Spur gekommen waren. Denn BMPEA ist noch niemals mit zuverlässiger Methode in Blättern oder Blüten des Akazienbusches nachgewiesen oder daraus extrahiert worden. 2 Bei den auffälligen Funden von BMPEA in den überprüften Produkten muss es sich also mit hoher Wahrscheinlichkeit um absichtlichen Zusatz von BMPEA handeln.
Erst im Frühjahr 2015 warnte die FDA konkret vor Produkten, die mit BMPEA gepanscht sind.3 Kurz zuvor hatten von der FDA unabhängige US-amerikanische Autoren eine eigene Untersuchung von 21 Nahrungsergänzungsmitteln veröffentlicht, die laut Verpackung angeblich Extrakte von Acacia rigidula enthalten sollten. Auch sie wurden fündig: In mehr als der Hälfte der Produkte entdeckten sie BMPEA. NOTEREF _Ref419706418 \h 2 Stimulierende Amphetaminvarianten wie BMPEA sind gefährlich. Sie können den Blutdruck und die Herzschlagfolge steigern, Herzinfarkt oder Schlaganfall auslösen (GPSP 3/2015, S. 7).
Amphetamine
sind stimulierende, aufputschende Wirkstoffe, die im Hungerzentrum des Gehirns appetithemmend wirken. Durch ihre stimulierenden Effekte erhöhen sie zudem den Kalorienverbrauch. Typische Schadeffekte sind Blutdrucksteigerung, Lungenhochdruck, Schlaganfall, Herzinfarkt u.a.
Unsere freizugängliche Internetdatenbank „Gepanschtes“ haben wir jetzt um 26 bedenkliche Produkte erweitert. Unter www.gutepillen-schlechtepillen.de (→ Gepanschtes) finden Sie Näheres zu inzwischen fast 1.450 illegalen Nahrungsergänzungsmitteln. Damit haben Sie Zugriff auf die wahrscheinlich weltweit umfangreichste öffentlich zugängliche Datenbank zu gepanschten Produkten.
Neu gefundene gepanschte Produkte
Aro Black Series Burn, Black Widow, Dexaprine XR, Fastin-XR, Jet Fuel T-300, Lipodrene Hardcore, Lipodrene Xtreme, MX-LS7, Stimerex-ES, Yellow Scorpion
Diese Nahrungsergänzungsmittel sollen den Extrakt aus Blättern des mexikanischen Strauches Acacia rigidula enthalten, der stimulierende Bestandteile enthält. In verschiedenen Laboren ist in solchen Produkten die Chemikalie BMPEA (beta-Methylphenylethylamin) aufgespürt worden. Sie kommt in der Natur nicht vor, sondern ist eine in den 1930er Jahren erstmals synthetisierte putschende, dem Amphetamin sehr ähnliche Chemikalie. Wie diese auf Menschen wirkt, ist niemals systematisch untersucht worden. Mit beschleunigtem Herzschlag und Blutdruckanstieg ist jedoch beispielsweise zu rechnen und damit schlimmstenfalls – abhängig von der eingenommenen Menge und möglicherweise vorbestehenden Erkrankungen – mit Herzinfarkt und Schlaganfall.
Fatloss Slimming Beauty, Li Da Dai Dai Hua Slimming Kapseln, Nine Slim, Slim Forte Slimming Kapseln*, Seven Slim, Superior
In diesen angeblich natürlichen Produkten zum Abnehmen wurde der appetithemmende Wirkstoff Sibutramin (Reductil®) gefunden. Sibutramin darf seit 2010 in Europa wegen seines Herz-Kreislauf-schädigenden Potenzials nicht mehr verkauft werden (GPSP 2/2010, Seite 8). Denn es droht Herzinfarkt, Herzstillstand, Schlaganfall u.a.). Das mit Sternchen (*) markierte Produkt ist uns bereits vor vier Jahren aufgefallen, doch nun ist es erneut als mit Sibutramin gepanscht auffällig geworden.
Black Panther, Dr. Ming’s Chinese Kapseln*, Enhance, King of Romance, Maxman Cialis Tabletten, Maxman Domina Tu Pareja Tabletten, Natural-Power, Power 1 Tabletten, Viagra 007, Santi Scalper
Bei diesen angeblich rein pflanzlichen Nahrungsergänzungsmitteln, die eine Erektion fördern sollen, stießen amtliche Prüfer auf den verschreibungspflichtigen Wirkstoff Sildenafil (Viagra® u.a.). Belegt ist, dass dieser nicht deklarierte – also verheimlichte – chemische Erektionsförderer lebensbedrohliche Folgen haben kann, beispielsweise wenn Herzkranke gleichzeitig Nitropräparate wie Isosorbiddinitrat (ISDN) oder ähnliche Arzneimittel gegen Angina pectoris einnehmen (GPSP 2/2013, S. 4). In Kombination mit einem (gepanschten) Erektionsförderer kann der Blutdruck lebensbedrohlich abfallen. In dem mit einem Sternchen (*) markierten Produkt wurden vor einem Jahr außer dem Appetithemmer Sibutramin und auch das Abführmittel Phenolphthalein nachgewiesen.
Ginseng She Lian Wan, Jianbu Huquian Wan*, Saurean Fong Sep Lin
In diesen als Nahrungsergänzungsmittel vertriebenen Mitteln wurde das stark wirkende Glukokortikoid Dexamethason (Fortecortin® u.a.) und zusätzlich ein müde machendes Allergiemittel (Antihistaminikum) aufgespürt. Das mit einem Sternchen (*) markierte Produkt enthält laut Laboranalyse als dritten Bestandteil das stark wirkende entwässernde Furosemid (Lasix® u.a.). Alle diese Bestandteile sind nicht auf den Verpackungen deklariert.
Asihuri Plus Forte
In diesem angeblichen Nahrungsergänzungsmittel fanden Prüfer im Labor gleich zwei stark wirkende Stoffe, den Kortisonabkömmling Dexamethason (Fortecortin® u.a.) sowie das auch gegen rheumatische Erkrankungen verwendete Phenylbutazon (Ambene®). Diese Kombination kann den Magen-Darm-Trakt derartig stark schädigen, dass Blutungen, Geschwüre oder gar Durchbrüche entstehen. Als Arzneimittel sind solche Kombinationen daher verboten.
Stand: 23. Juni 2015 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 04/2015 / S.27