Die Last mit den E-Zigaretten
Mehr Schaden als Nutzen
Was E-Zigaretten für die Gesundheit bedeuten, ist immer noch unklar (GPSP 1/2017, S. 25). Manchen Rauchern kann sie vielleicht den Ausstieg erleichtern, bei jüngeren Menschen kann sie umgekehrt den Einstieg zum Rauchen von Tabakprodukten fördern. Und die langfristigen Risiken durch das Inhalieren des Chemiecocktails von E-Zigaretten sind bislang unbekannt. Eine Studie1 aus den USA hat nun versucht, Nutzen und Risiken gegeneinander abzuwägen.
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass E-Zigaretten der Gesellschaft insgesamt eher schaden als nützen. Die Wissenschaftler errechnen auf der Grundlage von Daten und gut begründeten Annahmen, dass im Jahr 2015 in den USA 2.070 Raucher mithilfe der E-Zigarette ganz mit dem Rauchen aufgehört haben. Im Gegenzug wären aber 168.000 junge bisherige Nichtraucher durch die E-Zigarette zu Tabakrauchern geworden. Unter dem Strich steigt somit das gesundheitliche Risiko: Die hippe E-Zigarette dient als Einstiegsdroge, und es beginnen mehr Menschen mit dem Rauchen.
Die Studie basiert auf unterschiedlichen Erhebungen zum Raucherverhalten in den USA – also auf Bevölkerungsdaten. Daneben arbeitet sie auch mit verschiedenen Annahmen – zum Beispiel, dass E-Zigaretten 95% weniger schädlich sind als Tabak. Da solche Annahmen nur eine orientierende Schätzung darstellen und zum Beispiel E-Zigaretten schädlicher sein können als angenommen, muss man die Ergebnisse mit Vorsicht interpretieren.
Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob die US-amerikanischen Ergebnisse auf Deutschland übertragbar sind. Denn die Ausgangslage unterscheidet sich deutlich: In den USA ist Rauchen unter jungen Leuten noch weniger akzeptiert als in Deutschland, und generell rauchen hierzulande mehr Menschen als in den USA. Auch die Gesetzeslage unterscheidet sich. Die Studie basiert auf Daten von 2014, als es in den USA noch keine Altersbeschränkung für den Verkauf von E-Zigaretten gab. In Deutschland dürfen seit 2016 Minderjährige keine E-Zigaretten mehr kaufen. Aufgrund dieser und weiterer Unterschiede könnte die Nutzen-Schaden-Bilanz bei uns also anders aussehen. Eine kürzlich in Deutschland durchgeführte Studie zeigte übrigens deutlich: Jugendliche werden doppelt so häufig zu Tabakrauchern, wenn sie zuvor mit E-Zigaretten experimentiert haben.2
Aus beiden Studien lässt sich definitiv schlussfolgern: Es braucht unbedingt mehr unabhängige und langfristige Untersuchungen über Nutzen und Risiken, denn nur mit herstellerunabhängigen Informationen kann man eine sinnvolle Abwägung treffen.3 Und im Sinne der Vorbeugung ist es auf alle Fälle wichtig, jungen Menschen den Zugang zu E-Zigaretten zu erschweren. Dazu müssten sie rechtlich den Tabak-Zigaretten gleichgestellt werden. Das hätte steuerliche Auswirkungen (der Preis steigt), und Werbeverbote wären die Folge.
Stand: 3. Mai 2018 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 03/2018 / S.07