Cholesterinsenker Ezetimib: Ohne überzeugenden Nutzen
Ezetimib ist seit 12 Jahren auf dem Markt. Aber noch immer fehlt ein überzeugender Nachweis, dass der Wirkstoff wirklich vor ernsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützt. -Ezetimib senkt zwar das „böse Cholesterin“ (LDL), aber das alleine bringt wenig.
Ezetimib ist seit 2002 als Ezetrol® und seit 2004 in der Kombination mit Simvastatin (Inegy®) zugelassen. Der Wirkstoff hat dem Unternehmen MSD in dieser Zeit Jahr für Jahr weltweit Umsätze in Milliardenhöhe beschert – obwohl der Nutzen für Patienten bisher nicht belegt ist.1,2
Zwar senkt der Wirkstoff deutlich die LDL-Cholesterin-Konzentration im Blut, allerdings verbessert sich dadurch nur ein Laborwert. Das eigentliche Ziel ist aber, die Zahl von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkten und Schlaganfällen zu senken. Ob das durch Ezetimib erreicht wird, ist nicht belegt. Der wirtschaftliche Erfolg von Inegy® beruht vor allem auf enor-mer Werbung. Risiken haben die Hersteller der Öffentlichkeit eher vorenthalten.3
Im Juni 2015 präsentierten Wissenschaftler nun neue Forschungsergebnisse, die angeblich einen Nutzen von Ezetimib belegen. Was ist von dieser IMPROVE-IT Studie zu halten?
Über 18.000 Patienten und Patientinnen mit Erkrankung der Herzkranzgefäße nahmen teil. Sie hatten bereits einen erfreulich niedrigen LDL-Cholesterinwert von unter 100 mg/dl – teils aufgrund der Einnahme des Cholesterinsenkers Simvastatin, teils ohne Medikamente. Die Studie sollte klären, ob Ezetimib
1. den Cholesterinwert weiter senken und 2. Spätschäden wie Herzinfarkt und Schlaganfall verringern kann – also, ob der Wirkstoff das erreicht, worauf es eigentlich ankommt.4
Ein LDL-Cholesterinwert von nur 100 mg/dl gilt als risikoarm und wird bei uns derzeit nicht weiter behandelt. Manche Mediziner vertreten aber die These, der LDL-Wert könne gar nicht niedrig genug sein. Die genaue Betrachtung von IMPROVE-IT lässt Zweifel aufkommen, ob diese Aussage berechtigt ist.
Ezetimib: Überflüssige Kombination
Bei Patienten, die Simvastatin plus Ezetimib einnahmen, waren Herz-Kreislauf-Komplikationen um 2% seltener als bei Patienten, die nur Simvastatin einnahmen. Todesfälle konnten nicht verhindert werden. Damit ist der Effekt recht bescheiden. Man kann ihn auch so ausdrücken: 50 Patienten müssen sieben Jahre lang Ezetimib einnehmen, damit bei einem von ihnen ein Herz-Kreislauf-Problem verhindert wird. Denn welcher Patient profitiert, weiß man vorher nicht. Ob Ezetimib wenigstens für bestimmte Personen, beispielsweise Diabetiker, vielleicht doch einen nennenswerten Nutzen hat, wird derzeit diskutiert.
Der Patentschutz von Ezetimib läuft 2016 aus, und deshalb ist es unwahrscheinlich, dass der Hersteller noch weiter zum wirklichen Nutzen für die Patienten forscht. Deshalb rät GPSP weiterhin vom teuren und in seinem therapeutischen Stellenwert unklaren Ezetimib ab.
Stand: 26. Oktober 2015 – Gute Pillen – Schlechte Pillen 06/2015 / S.25