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©Schlierner/ fotolia

Betrügerische Produkte erkennen

„Natürlich“, „Wundermittel“, „schnelle Wirkung“ – so lauten typische Versprechungen für Nahrungsergänzungsmittel. Was wirklich dahinter steckt, kümmert hiesige Behörden wenig. Anders die US-amerikanische Lebensmittel- und Arzneimittelbehörde FDA. Sie riet kürzlich zu besonderer Vorsicht bei solchen Behauptungen, vor allem bei Produkten aus dem Internethandel. Manche Internetseiten strotzen geradezu vor betrügerischen Informationen.

Viele Anbieter und Werbestrategen setzen auf Begriffe wie „rein pflanzlich“ oder „natürlich“ beziehungsweise „natural“, „herbal“, „botanical“ oder „fruit“. Sie wissen, dass solche Botschaften auf der Packung, in Produktbeschreibungen oder in der Werbung bei vielen Menschen Vertrauen für derart bezeichnete Produkte schaffen. Das Gegenteil – Misstrauen – ist jedoch angebracht: Selbst wenn das Wort Natur im Handelsnamen steht, sollten Sie nicht darauf vertrauen.

In unserer Internetdatenbank „Gepanschtes“ nennen wir inzwischen 48 Produkte, in deren Handelsnamen „Natur“ oder „natural“ enthalten ist, zum Teil sogar „100% Natur“ (z.B. Botanical Slimming 100% Natural Softgel) oder „all natural“ (z.B. Z-Rock All Natural Male Supplement). Nachgewiesenermaßen sind diese 48 Produkte – wie übrigens hunderte andere angeblich natürliche Nahrungsergänzungsmittel auch – mit gefährlichen chemischen Wirkstoffen gepanscht worden.

Bei diesen Behauptungen sollten Ihre Alarmglocken läuten:

  1. Vielfach wirksam (Tausendsassa): Wenn ein Produkt wie ein bestimmter Granatapfelsaft gegen eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Erkrankungen helfen soll, ist Zweifel an der Seriosität der Versprechungen angebracht (GPSP 6/2010, S. 5).
  2. Persönliche Wirksamkeitsberichte (Testimonials): Empfehlungen wie „Und mein Tumor ist verschwunden …“ oder „… hat meinen Diabetes geheilt“ sind einfach zu erfinden, und Studenten sowie professionelle Schreiber haben sich längst auf solche Auftragsschreibereien spezialisiert. Der Wahrheitsgehalt von Testimonials, der oft Promis in den Mund gelegt wird, ist nicht kontrollierbar und zweifelhaft (GPSP 2/2012, S. 11). Sie lenken vor allem davon ab, dass ein wissenschaftlicher Beleg für den versprochenen Nutzen fehlt.
  3. Wirkt rasch (Blitzheilung): Relativ wenige Beschwerden lassen sich wirklich rasch lindern oder beheben – selbst mit zugelassenen Arzneimitteln. Unseriös sind etwa Versprechungen wie „30 Pfund weniger in 30 Tagen“ oder „Der Hautkrebs verschwindet innerhalb von Tagen“.
  4. Rein pflanzlich, natürlich (Naturprodukt): Viele Tausend als natürlich bezeichnete Nahrungsergänzungsmittel sind mit stark wirkenden chemischen Stoffen gepanscht. Auffällig geworden ist aber nur die Spitze des Eisbergs, da bislang nur ein Bruchteil der Nahrungsergänzungsmittel von unabhängiger Seite auf nicht deklarierte Bestandteile geprüft wurde. Im Übrigen ist die Gleichsetzung von „natürlich“ oder „rein pflanzlich“ mit „unbedenklich“ ohnehin irreführend: In der Natur wachsen zahlreiche Pflanzen, deren Verzehr sogar tödlich sein kann (GPSP 6/2015, S. 22).
  5. Wundersame Heilung (Wunderwirkung): Besondere Zurückhaltung ist bei Produkten nötig, die als „neue Entwicklung“ oder „wissenschaftlicher Durchbruch“ bezeichnet werden. Präparate, die tatsächlich einen Fortschritt bei schwer zu behandelnden Erkrankungen bedeuten, werden in der wissenschaftlichen Literatur vorgestellt, von Behörden geprüft, in den Medien diskutiert, von Ärzten verordnet und schließlich in Apotheken verkauft. Auch nach der Zulassung unterliegen Arzneimittel einer kritischen Debatte um Nutzen und Risiken. Nahrungsergänzungsmittel tun das nicht, und die deutschen Aufsichtsbehörden kümmern sich kaum darum.
  6. Unangeforderte Werbung (Werbetrommel): Achtung bei Produkten, die wiederholt mit unangeforderter Werbung per Post oder E-Mails auf sich aufmerksam machen (GPSP 6/2013, S. 24).
  7. Holperig übersetzt (Übersetzungsmaschine): Angebote mit fehlerhafter Sprache, die offensichtlich aus Übersetzungsmaschinen stammt, sollte man sofort wegklicken (GPSP 5/2013, S. 8). Seriöse Informationen sind hier nicht zu erwarten.

Weitere Hinweise auf irreführende Behauptungen finden Sie in den „Zehn Indizien für Quacksalberei“ in GPSP 6/2006, S. 6.

Neu gefundene gepanschte Produkte

  • Australia Kangaroo
  • Dragon 6000 Kapseln
  • Effective Viagra
  • Fuel Up High Octane
  • Fuel Up Plus
  • Micacle Rock 48 Kapseln
  • Paradise Suplemento Natural Ultra Plus Kapseln
  • Power Khan
  • Rhino 7 3000 Kapseln*
  • Rhino 7 Platinum 3000 Kapseln*
  • Rhino X
  • Sex Drive Kapseln
  • Sex-Love Secret Code Kapseln
  • S.W.A.G.G.E.R. Extreme Kapseln
  • Ultra Sx Kapseln
  • Wild Sexx Kapseln
  • XForMan Plus

Bei diesen angeblich rein pflanzlichen Nahrungsergänzungsmitteln, die eine Erektion fördern sollen, stießen amtliche Prüfer auf den verschreibungspflichtigen Wirkstoff Sildenafil (Viagra® u.a.) und/oder eine chemische Variante dieses Mittels, beziehungsweise auf einen mit Sildenafil verwandten Wirkstoff, der bislang nicht ausreichend beim Menschen geprüft worden ist. Belegt ist, dass solche nicht deklarierten – also verheimlichten – chemischen Erektionsförderer lebensbedrohliche Folgen haben können, beispielsweise, wenn Herzkranke gleichzeitig Nitropräparate wie Isosorbiddinitrat (ISDN) oder ähnliche Arzneimittel gegen Angina pectoris einnehmen (GPSP 2/2013, S. 4). In Kombination mit einem (gepanschten) Erektionsförderer kann der Blutdruck dann lebensbedrohlich abfallen.

In dem mit einem Sternchen (*) markierten Produkten fand sich bei der Überprüfung im Labor neben Sibutramin das ebenfalls verschreibungspflichtige Dapoxetin. Das ist ein Wirkstoff aus der Reihe der Antidepressiva, der als Arzneimittel (Priligy®) gegen vorzeitigen Samenerguss angeboten wird. Dapoxetin kann häufig Kopfschmerzen, Übelkeit und andere unangenehme Störwirkungen auslösen. Es darf nicht verwendet werden bei Herzerkrankungen, Kreislaufstörungen beim Aufstehen, oder wenn Antidepressiva eingenommen werden, die dem Dapoxetin chemisch nahe stehen (Verstärkung der unerwünschten Wirkungen), (GPSP 4/2009, S. 6). Solche Vorsichtsmaßnahmen sind jedoch nicht möglich, wenn Wirkstoffe wie Sildenafil oder Dapoxetin nicht als Inhaltsstoffe deklariert sind.

  • ActiveSlim slimming Kapseln
  • Basta Nut 100% Fruit Soft Gel Kapseln
  • Lishou Slimming Coffee
  • Meizi Super PowerFruits Herbal Slimming Formula
  • Natureal
  • Pink Bikini Kapseln*
  • Shorts on the Beach Kapseln*
  • SPCARET Princess Diet
  • Super Herbs
  • Tip-Top Shape Kapseln
  • Ultimate Herbal Slimcap
  • Zero Fat

In diesen angeblich natürlichen Produkten zum Abnehmen wurde der appetithemmende Wirkstoff Sibutramin gefunden. Das verschreibungspflichtige Arzneimittel Sibutramin (Reductil®) darf seit 2010 wegen seines Herz-Kreislauf-schädigenden Potenzials nicht mehr verkauft werden (GPSP 1/2010, Seite 8), denn es drohen Herzinfarkt, Herzstillstand, Schlaganfall u.a.

In den mit einem Sternchen (*) gekennzeichneten Produkten wurde eine Mischung von Sibutramin und dem Abführmittel Phenolphthalein entdeckt, das in Arzneimitteln (früher z.B. in Darmol® Abführschokolade) seit Jahren wegen möglicher krebsauslösender Wirkung nicht mehr im Handel ist. Bei langfristiger Einnahme besteht eine Wahrscheinlichkeit, dass es zu Magen-Darm-Störungen, Herzrhythmusstörungen, Krebs und anderen unerwünschten Folgen kommt.

  • Miracle Diet 30 Kapseln
  • Xtreme Fat Burner Kapseln

In diesen Produkten wurde das synthetische Abführmittel Phenolphthalein aufgespürt, das wegen Bedenken der Auslösung von Krebs bereits schon vor Jahren (z.B. Darmol® Abführschokolade) aus den Handel genommen wurde. Vor allem bei Langzeiteinnahme besteht die Gefahr schwerer Gesundheitsbeeinträchtigungen einschließlich Magen-Darm-Störungen, Herzrhythmusstörungen und Krebs.

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– Gute Pillen – Schlechte Pillen 01/2016 / S.26